2922 Braver Bub
Diese vielen, vielen gelben, braunen Blätter, die von den
Bäumen fliegen, schweben, fallen, auf dem Asphalt und den Wiesen liegen, vom
Wind bewegt und verweht werden – was für eine melancholische Schönheit. Das
Absterben als bescheiden feierliches Drama. Menschen gehen so darüber,
hindurch, schweigen, reden, eilen, schlendern, anwesend, abwesend, in
Wichtigkeit, in Verlorenheit und alles dazwischen. Die Sonne kommt gefiltert
durch die dünne Wolkenschicht und gibt dem Abschied eine unwirkliche (?)
Euphorie. Kein Mensch ist illegal, kein Baum, kein Kraut, kein Minirock. Selbst
die Augen hinter Sonnenbrillen verstecken ist legal. Was an der Grenze der
Legalität ist, ist wie ich die Menschen angaffe, um irgendwas herauszufinden
(die verwelkten Blätter – so glaube ich – werden vom Gesetz nicht vorm Angaffen
geschützt). Von Zeit zu Zeit tippe ich auf die Tastatur meines Handys, das
links neben mir auf der Bank liegt, um die Zeit abzulesen, auf dass ich zum
Therapietermin nicht zu spät komme. Ich bin ja ein braver Bub – obwohl „brav“
eigentlich tapfer heißt - der sein Glück versucht.
(10.10.2022)
©Peter Alois Rumpf
Oktober 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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