2921 Bürgerliche Üppigkeit
Die große weiße Wand hinter meinen geschlossenen Lidern – von
innen aus gesehen. Das trinitarische Dickicht vor mir – bei geöffneten Augen. Links
von mir eine kleinere weiße Wand, an ihrem rechten Rand von einem strikt
geraden vertikalen Schattenstreifen durchzogen. Zum Plafond hin jedoch löst
sich die Schattengrenze völlig auf. Meine Einordnung in diese universalen
Vorgänge von Licht und Schatten zum Beispiel ist interessant, letztlich
atemberaubend und überwältigend. Ein kompakter, kleiner, länglicher,
weißglühender Lichtfleck taucht vor mir auf und verschwindet wieder. Dann
taucht er wieder ein wenig weiter links größer, flacher und schwächer leuchtend
kurz auf, wie ein Tropfen Licht, der zerronnen ist. Ich bin ganz nah am
Durchbruch zum Eigentlichen. Das Surren in meinen Ohren hat sich – es wirkt
aufgeregt, fast freudig erregt – enorm verstärkt.
Nun aber spielt auf der weißen Wand ein kosmischer Film: zu
sehen ist eine nebelverhangene Landschaft, in der jedoch gelbliches Licht durch
den Nebel sickert. Ein Zeitlupenfilm, denn die landschaftliche Handlung
vollzieht sich extrem langsam. Der Nebel wird immer dichter und immer weniger
Licht kommt durch. Von der Landschaft ist nichts mehr zu sehen. Was will mir
der Große Universale und Kosmische Filmvorführer damit sagen? Mir meine Zukunft
zeigen? Ich dachte, auf das Ende zu bekäme ich mehr Licht!
Der wohnzimmerliche Trinitätsbaum kommt mir auf einmal so
mickrig und schlecht belaubt vor. Das gibt’s doch nicht! Vorhin war er mir noch
der Inbegriff bürgerlicher Üppigkeit.
(9.10.2022)
©Peter Alois Rumpf
Oktober 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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