Montag, 30. Mai 2022

2717 Wut am Bahnhof von Gloggnitz

 

Das junge Pfäfflein, möglicherweise ein Kalasantiner-Arschloch-Büblein, winkt am Bahnhof von Gloggnitz mit seiner junghüpfenden Begleiterin irgendwem Abreisenden wie ein Volltrottel. Mein Gott, ich komm von meiner Wut und meinem Hass nicht runter. Sonst hätte ich diesen Satz vorhin entweder gar nicht oder anders geschrieben. Weder Industrie noch Landschaft, die am Zug vorbeilaufen, können mich umstimmen oder ablenken. Mein Herz ist so schwer; zu schwer für eine  fragile Person wie mich. Miniaturregentropfenlinien am Zugfenster. Sicher sieht man immer wieder schöne Bäume in maifrischem Grün, aber nichts, was zum Verweilen einlädt, nichts, das meinem Herzen Erleichterung verspricht. St. Ägiden, auch so ein Nicht-Ort! Drei Schotterhaufen zum Betonieren und etliche Lacken. Die Lacken sind eh das Schönste hier; die Häuser, die sich spiegeln, sind eh nur so, vom schmutzigen Wasser veredelt, ertragbar. Keineswegs eine Utopie. Wird bei der nächsten Umwälzung behandelt werden wie Sodom und Gomorrha; hat keine Zukunft, weil es dort nichts Zukunftweisendes gibt. Ach! Könnte ich nur einfach weinen, dann müßte ich nicht arrogant vom Zugfenster aus die Welt richten. Aber ich kann es nicht; die Wut ist stärker.

Das schaut im Vorbeisausen wie ein Hochständchen (zum -stand reicht's nicht) auf einem Misthaufen aus: in den Misthaufen gehören die Jäger mit ihrer Jägerei – ob in Mensdorff oder in Pouilly oder sonstwo im mitteleuropäisch beeinflussten Raum. Eine schwarze Krähe hellt mein schweres Herz ein wenig auf. Willkommen in der wienerneustädtischen Welt der Stangen, des Gestänges, der Gestelle und hässlichen Bauten. Gell, Kodo! Hässlich, ich bin so hässlich, ich bin der HaSS! Ausgerechnet der Berliner Zug startet und nimmt Fahrt auf. Wir Ösidösi warten noch. Die feinen Regentröpfchen an den Fensterscheiben. Auch ein junger Mann kann beim Sich-Hinsetzen grunzen wie ein alter Mann. Ich will nach Hause. Ich will jetzt nicht mehr warten. Irgendein hysterisches Stöckelschuhgeklapper. Eine schirche fette Sau zieht einen giftgrünen Trolly den Bahnsteig 3 entlang. Der Schaffner bedankt sich per Lautsprecher für unser Verständnis für die weitere Verzögerung der Abfahrt, aber mein Verständnis hat er gar nicht! Was erlaubt er sich! Das ist ein Übergriff und eine ungefragte Vereinnahmung! Ein Vollhonk, der es nicht schafft, seine Maske über die Nase zu ziehen, zieht das Rollo bei diesem trüben Wetter herunter. Irgendwer ißt irgendwas, das stinkt. Ich werde jetzt meine Wut und meinen SelbsthaSS überwinden und einen Apfel und ein Stück trocken Brot, die ich nicht bezahlt habe, essen. Dort, wo die Gestellwucherungen und die Betoniersucht den Blick freigeben, ist über die weite Ebene hinweg der Anblick der fernen Regenberge herzerfrischend schön. Ich habe keinen Hut auf, den ich vor den vielen blühend vorbeifliegenden Hollern ziehen könnte. Aber schon ihr kurzer vorbeisausender Anblick verschafft meiner verquälten Seele genug Freiheit für einen tiefen Atemzug. Der Transportbeton jedoch wird mit verlogenen Fröhlichkeitsfarben ver-un-ziert. Auch die näheren Regenberge – wenn die destruktive landschaftsverschandelnde Menschentüchtigkeit den Blick frei gibt, sind schön. Eine Frau, deren Gesicht ich nicht sehe, hält mir sitzendem Fensterrausgaffenden plötzlich und mir völlig unvermittelt im Ausweichen vor einer zugdurchwandernden Karawane ihren ordentlich ausgewölbten Busen vors Gesicht. Ich will das nicht mehr! Gestrichen! Es lebe die sexuelle und mamologische Keuschheit! Ich habe genug! Aus lauter Frust gebe ich für heute das Schreiben auf.

 

(29.5.2022)

©Peter Alois Rumpf  Mai 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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