2403 Albertinatrip
Der Manguin'sche Rückenakt: wie gern würde ich diesen
schönen Weiberarsch liebkosen und die Brüste … ein Schauder läuft mir den
Rücken hinunter, als mir bewußt wird – 1905 gemalt – die Knochen dieser Dame
modern schon längst irgendwo herum. In der Ewigkeit muß es um etwas anderes
gehen.
In Vuillards blauem Zimmer, in dem auch viel Grau ist,
herrscht schon eine gewisse Trauer und Verhaltenheit. Es schaut so aus, als
würde das Leben in gelb und rot durch einen Spalt hereingeronnen sein und sich
am Fußboden fließend ausbreiten. Aber als friedliches oder als gewalttätiges?
Meine traditionelle Rast vor den Werefkins. Heute ist hier
in der Albertina Almauftrieb; Massen sind unterwegs. ZB eine Frau in Hellblau
mit hellblauem Fallschirm; ihre Schuhe sind rosa (also: sie hat den unteren
Teil ihrer hellblauen Steppdecken-Daunen-Jacke hinten unter deren oberen Teil
geschoben – vermutlich zu Lüftungszwecken – was ein Paket am Rücken ergibt,
dick wie ein Fallschirmchen). Ach die Werefkin! Heute fällt mir zu ihren
Bildern nichts Neues ein, aber ich liebe sie. Geheimnisvoll. Die vielen
herumgehenden Besucher irritieren mich, aber ich mache ihnen keine Vorwürfe.
Alles kann ich gar nicht herschreiben, was ich sehe. Jetzt
aber: Jawlenskys Oberstdorfer Berg im Abend oder Morgenlicht (ich tippe auf
Abend). Gefällt mir gut. Gefällt mir sehr gut! Der grüne und der blaue
Waldhang. So einfach gemalt und eindrucksvoll. Dahinter die bunteren,
beleuchteten Berge – felsig, wie ich
glaub.
Noldes Mondnacht, seine bunten Blumen aus dem Herbstgarten.
Der idiotischer Alttiroler vom Egger aus Lienz. Wäre der ein Steirer und
jünger, wäre er ein lustiger Holzhackerbua; als Tiroler aber und ideologisch anders
(eigentlich das Selbe nur von der anderen Seite her aufgezäumt) aufgerüstet,
muß es ein echchchter, grantiger, wilder, bedeutungsschwerer Bauer sein, der
kaum redet, weil … mir seind halt die wildn Holzhackermanda, s'ischt Zeit!
Erholung bei meinen liebsten Kokoschkas. Was für eine
Intensität und Leichtigkeit! Mehr schwafle ich heute nicht. Auf zum depperten
Kardinal,
den ich als verwahrtackelter, mißlungener Ernesto Cardenal
II – mit offenen, langen Haaren und Basken-Pullmanmütze mit allerdings femininen
Button – immer noch in den Schatten stelle. Was fällt mir zu diesem
mitrabemützten Kardinal ein? „Zipfl eini, Zipfl aussi, oba heit geht’s guat,
oba heit geht’s guat, oba heit geht’s guat!“ Ich selbst (ich schriebe so gerne
„selber“!) bin in feminininerer Ausstrahlung unterwegs. Dabei ist der Kardinal
ein stoffumwickeltes Bübchen. Ich bin trotz … damit man/frau das versteht: ich
sitze direkt vorm Spiegel und als eine Frau, um nicht zu stören, vorsichtig und
schnell vor mir, der ich mein seitenverkehrtes Abbild betrachte, meine
Blicklinie querend vorbeihuscht, sage ich zu ihr: „Sie können ruhig unbefangen
vorbei gehen; dort gegenüber sitzt eh kein Kunstwerk.“ Ernesto Cardenal … fehlt
noch, dass ich – als Kopierer fragwürdig – Psalmen dichte. Auf! Gemma Klee-Schaun!
Ach, der Arbeiter von Marie-Louise von Motesiczky! Mein mir
freundliches Realitätsprinzip! Es ist so blöd, aber ich liebe ihn. Nicht einmal
die barbusige Dame mit Schallplatten links vom Durchgang kann mich ablenken.
Ist der Arbeiter ein freundlicher Großvater? Oder Vorfahr? Physisch dürften
keine seiner Gene auf mich gekommen sein, denn ich schaue ganz anders aus. Er
hat etwas Edles in seiner dünnen, freundlichen Gestalt.
Giacomettis gesockeltes Frauenquartett sind eindeutig
Fünfzigerjahre-Italienerinnen (eindeutig! Bursche, du hast keine Ahnung; sie
könnten auch Schweizerinnen oder was-weiß-ich sein.!) Auch ihre Schatten
beweisen es (beweisen! Freundchen! Ich lach dich aus!). Und seine Landschaft!
(1952). Ich brauch gar nicht hinschauen, liebe ich sie schon. Es stimmt schon,
was der Beipack-Zettel-Text sagt: diese schöne Landschaft (Schweiz!) ist vom
Krieg (abstrakt!) gezeichnet.
Und jetzt beim Scheibl: Kage – R II (1994/95) mag ich. Das
Leuchten kommt in meine Zwischenräume und verführt mich zu einem kleinen,
kurzen Trip. Und ○ 1994-1996 auch. Auch wegen dem Leuchten. Ebenso
B.O.W.1. - dessen Licht vor allem blau und violett ist.
(31.8.2021)
©Peter
Alois Rumpf August 2021 peteraloisrumpf@gmail.com
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