Dienstag, 31. August 2021

2403 Albertinatrip

 

Der Manguin'sche Rückenakt: wie gern würde ich diesen schönen Weiberarsch liebkosen und die Brüste … ein Schauder läuft mir den Rücken hinunter, als mir bewußt wird – 1905 gemalt – die Knochen dieser Dame modern schon längst irgendwo herum. In der Ewigkeit muß es um etwas anderes gehen.

In Vuillards blauem Zimmer, in dem auch viel Grau ist, herrscht schon eine gewisse Trauer und Verhaltenheit. Es schaut so aus, als würde das Leben in gelb und rot durch einen Spalt hereingeronnen sein und sich am Fußboden fließend ausbreiten. Aber als friedliches oder als gewalttätiges?

Meine traditionelle Rast vor den Werefkins. Heute ist hier in der Albertina Almauftrieb; Massen sind unterwegs. ZB eine Frau in Hellblau mit hellblauem Fallschirm; ihre Schuhe sind rosa (also: sie hat den unteren Teil ihrer hellblauen Steppdecken-Daunen-Jacke hinten unter deren oberen Teil geschoben – vermutlich zu Lüftungszwecken – was ein Paket am Rücken ergibt, dick wie ein Fallschirmchen). Ach die Werefkin! Heute fällt mir zu ihren Bildern nichts Neues ein, aber ich liebe sie. Geheimnisvoll. Die vielen herumgehenden Besucher irritieren mich, aber ich mache ihnen keine Vorwürfe.

Alles kann ich gar nicht herschreiben, was ich sehe. Jetzt aber: Jawlenskys Oberstdorfer Berg im Abend oder Morgenlicht (ich tippe auf Abend). Gefällt mir gut. Gefällt mir sehr gut! Der grüne und der blaue Waldhang. So einfach gemalt und eindrucksvoll. Dahinter die bunteren, beleuchteten  Berge – felsig, wie ich glaub.

Noldes Mondnacht, seine bunten Blumen aus dem Herbstgarten. Der idiotischer Alttiroler vom Egger aus Lienz. Wäre der ein Steirer und jünger, wäre er ein lustiger Holzhackerbua; als Tiroler aber und ideologisch anders (eigentlich das Selbe nur von der anderen Seite her aufgezäumt) aufgerüstet, muß es ein echchchter, grantiger, wilder, bedeutungsschwerer Bauer sein, der kaum redet, weil … mir seind halt die wildn Holzhackermanda, s'ischt Zeit!

Erholung bei meinen liebsten Kokoschkas. Was für eine Intensität und Leichtigkeit! Mehr schwafle ich heute nicht. Auf zum depperten Kardinal,

den ich als verwahrtackelter, mißlungener Ernesto Cardenal II – mit offenen, langen Haaren und Basken-Pullmanmütze mit allerdings femininen Button – immer noch in den Schatten stelle. Was fällt mir zu diesem mitrabemützten Kardinal ein? „Zipfl eini, Zipfl aussi, oba heit geht’s guat, oba heit geht’s guat, oba heit geht’s guat!“ Ich selbst (ich schriebe so gerne „selber“!) bin in feminininerer Ausstrahlung unterwegs. Dabei ist der Kardinal ein stoffumwickeltes Bübchen. Ich bin trotz … damit man/frau das versteht: ich sitze direkt vorm Spiegel und als eine Frau, um nicht zu stören, vorsichtig und schnell vor mir, der ich mein seitenverkehrtes Abbild betrachte, meine Blicklinie querend vorbeihuscht, sage ich zu ihr: „Sie können ruhig unbefangen vorbei gehen; dort gegenüber sitzt eh kein Kunstwerk.“ Ernesto Cardenal … fehlt noch, dass ich – als Kopierer fragwürdig – Psalmen dichte. Auf! Gemma Klee-Schaun!

Ach, der Arbeiter von Marie-Louise von Motesiczky! Mein mir freundliches Realitätsprinzip! Es ist so blöd, aber ich liebe ihn. Nicht einmal die barbusige Dame mit Schallplatten links vom Durchgang kann mich ablenken. Ist der Arbeiter ein freundlicher Großvater? Oder Vorfahr? Physisch dürften keine seiner Gene auf mich gekommen sein, denn ich schaue ganz anders aus. Er hat etwas Edles in seiner dünnen, freundlichen Gestalt.

Giacomettis gesockeltes Frauenquartett sind eindeutig Fünfzigerjahre-Italienerinnen (eindeutig! Bursche, du hast keine Ahnung; sie könnten auch Schweizerinnen oder was-weiß-ich sein.!) Auch ihre Schatten beweisen es (beweisen! Freundchen! Ich lach dich aus!). Und seine Landschaft! (1952). Ich brauch gar nicht hinschauen, liebe ich sie schon. Es stimmt schon, was der Beipack-Zettel-Text sagt: diese schöne Landschaft (Schweiz!) ist vom Krieg (abstrakt!) gezeichnet.

Und jetzt beim Scheibl: Kage – R II (1994/95) mag ich. Das Leuchten kommt in meine Zwischenräume und verführt mich zu einem kleinen, kurzen Trip. Und 1994-1996 auch. Auch wegen dem Leuchten. Ebenso B.O.W.1. - dessen Licht vor allem blau und violett ist.

 

(31.8.2021)

 

 ©Peter Alois Rumpf   August 2021   peteraloisrumpf@gmail.com

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