2022 Meĩ albertiniše Čenereišn
Terry Winter's „Licht“. Ansonsten ist mir alles zu
ornamental, zu gaghaft, zu beliebig (ahem – ich richte mir verlegen den nicht
vorhandenen Krawattenknopf) – schon auch eindrucksvoll, aber momentan zündet es
nicht.
Alles, alles neu hier – in diesem Teil kein vertrautes Werk
mehr, keines, vor dem ich verweilen will. Bei den Kathedralen 1- 9 von Cherrie
Levine bin ich schon auch stehen geblieben.
Die erotischen und nackten Szenen von Eric Fischl habe ich
mir auch länger angeschaut, aber eher weil mir Erotik und Nacktheit gefallen,
mehr als die Malerei.
Roni Horns Hamilton Blue schaue ich länger an. Fischl's sich
duckend. Ein wenig setze ich mich zu Fischl's Jungen Revolutionären.
Erschöpft raste ich bei den blöden Sphinxen und bin froh,
dass sie da sind. Aus den Spiegeln schaut mich ein ganz anderer Mann an: ein
feiner, grauer, grauer Herr. Ich habe meine verpopte Generation verlassen und
gehe zu den vertrauteren Sälen.
Édouard Vuillard fasziniert mich immer wieder: Akt im
gestreiften Salon: das ist ein Bild! Dicht, malerisch, stark, selbstbewußt,
sicher, und was ich so gern habe: von weitem Gestalt und Raum; aus der Nähe
gekonnte Farbflecken und Striche. Und Damespiel. Und Rosen und Tuch.
Und auch die Zeichnungen von Pierre Bonhard, oder sein
kariertes Tischtuch, das haltbar bleibt, während sich das Geschirr darauf sich
schon auflöst und schon in die Himmelfahrt schwebt („Thing's Liberation“).
Trotz allem: beim Hodler mag ich den Kirschbaum und das
Jungfrauenmassiv von Mürren aus.
Und immer wieder Vuillards blaues Zimmer! Da verweile ich
stehend.
Und ich freue mich auch über Manguins Weiberarsch (Rückenakt
unter Bäumen).
Ahh! Marianne von Werefkin ist auch noch da! (Nachtschwärmer
und Sturmnacht) Da setze ich mich hin.
Den nächsten Saal habe ich trotz Munchs Winterlandschaft
flott durchschritten, weil es mich zu den zwei Kokoschka-Städten zieht. Hier
ruhe ich mich aus. Auch hier können die Formen ihre innere Energie kaum noch
halten, besonders in London, wo das Licht schon explodiert. In Dresden wird
deutlich, dass die Abstraktion die Vor-Vorstufe zur Himmelfahrt ist.
Nachdem ich ausgeruht habe, bleibe ich sitzen und schaue die
Menschen an (Eingeweihte wissen, was das vor allem heißt). In meinen Ohren singt
Ximena Sariňana ihr Andachtslied. Gutes Timing!
Beim blöden Kardinal mach ich ein paar Selfies, weil ich
dort vorm Spiegel raste (als Papst Petrus II würde ich den aus der Kirche
ausschließen).
En passant nehme ich freudig die Klees auf.
Oh! Auch Marie-Louise Motesiczky ist wieder da! Mit ihrem
feinen Arbeiter und dem sommerlichen Kröpfelsteig, wo die Bäume noch
lebendigere Gestalten sind und die Telegraphenmasten und Drähte reden und etwas
zu sagen haben. Da setze ich mich wieder.
Meine blauen Lieblings-Chagall grüße ich im Vorbeigehen.
Giacomettis 4 Frauen auf Sockel und ihre Schatten haben es
mir angetan – wie immer. Und seine Landschaft.
Annähernd 5 Stunden habe ich mich in der Albertina herumgetrieben.
(7.10.2020)
©Peter Alois Rumpf Oktober 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
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