1901 Die Stephansdomwäscherei
Meine Ohren tun so, als würden sie einen Düsenjäger hören,
und als wären sie ein wenig mitten drin. Das war sofort vorbei, wie ich das
Licht aufgedreht habe. Nun wollen die Ohren das Drehen der Spülung im
Geschirrspüler hören – was genauso nicht stimmen kann, aber die Illusion dieses
drehend schleifenden und unwuchtigen Geräusches hält sich schwach, aber
hartnäckig.
Ich möchte mich wieder in Dunkelheit hüllen.
Der Impuls, den soeben mühsam zurechtgelegten Satz
aufzuschreiben, vertreibt ihn wieder und löst ihn sofort im Vergessenen auf,
aber läßt ihn mir bedeutend und gewichtig erscheinen.
In meinem Notizbuch drüben schauen die Zeilen interessanter
aus: eine Seite ist irgendwie rund beschrieben, lesen konnte ich es jedoch
nicht mehr.
Ich weiß nicht, wie meine Wäsche in die Stephansdomwäscherei
geraten ist – über die Erbsünde vielleicht, die mir schon seit einer Stunde im
Kopf herumgeht.
So ein Rowdy geht auf meine unbefleckte Weiblichkeit innen
los. „Zurück zur Anklagebank!“ hätte ich beinahe schon gesagt. „Schau, die!“
sagt die weibliche Stimme meiner Frau in mein rechtes Ohr, als ich jedoch die
Augen öffne, ist nichts zu sehen.
Drüben, in der anderen Welt, geht die volle Badewanne im
Überschwemmungsgebiet nieder.
Wieder eine deutliche Diskrepanz zwischen den Notizbüchern.
Immer wache ich ernüchtert auf, aber diesmal habe ich meinen rechten,
Kugelschreiber haltenden Daumen glitzern und funkeln gesehen.
Ein starkes Ziehen, das von einem Stechen oben an der linken
Schläfe ausgeht, verzerrt meinen Schädel nach rechts.
Die Verehrung der Heiligen Jungfrau vom Heiligen Bründl soll
von dieser Stelle ausgehen, aber Sartre scheint desinteressiert (habe ich 1989
in Paris wirklich mit Sartre gesprochen? Geht sich das mit seinem Todesjahr
aus?).
Ein Dreieck zwischen den -ings – eine philosophische
Dreifaltigkeit. In diesem Fall hat sich die Zahl als unwirksam erwiesen.
Mein rechter Daumen am linken Zeigefinger ergibt einen viel
zu starken Impuls.
Werden so viele Geräusche auch vererbbar sein?
Die Welt ist altklug, angewiesen auf soon-i-noar.
Doch, das sensible Verhältnis hängt dir deutlich um.
Wir sehen unsere Beziehung weiter als Salonpraxis?!
(23.6.2020)
©Peter Alois Rumpf, Juni 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
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