1894 Diese ewige Teilrefundierung
Gestern und heute waren gute Tage (17./18.). Gestern habe
bis zur Erschöpfung zehn Texte geschrieben, heute eineinhalb und auch wieder
einen Märchenkommentar. Und das Schreiben macht mich glücklich. Je mehr desto
glücklicher, und wenn ein oder zwei darunter sind, die mir gelungen erscheinen,
dann überhaupt.
Dann ein positives online-Feedback von einer Kollegin. Ach,
tut das guuut! Ich könnte hüpfen vor Freude.
Dann mit unserem Tierarzt … wegen unserer Katze … hat
geklappt.
Ja, alles bestens bis zum Abend.
Dann ist der Laptop eingegangen und ich gleich mit. Ich
meine, gesponnen hat er oft und zeitweise ist er dauern abgestürzt – ich hatte
sogar ein Album mit Fotos von abgestürzten Bildschirmen angelegt und auf
Facebook geteilt. Bis mir die Fotos zu blöd wurden – also doch das Beste daraus
zu machen habe ich versucht – nach dem Grundsatz: was man nicht verhindern
kann, soll man wenigstens genießen. Oder zumindest betonen.
Aber diesmal scheint es ernst zu sein. Und das könnte mich
vor echten finanziellen Schwierigkeiten stellen. Was wird die Reparatur kosten?
Kann das Ding überhaupt noch repariert werden? Wie bekomme ich das mit meiner
Minipension hin?
Ohne Laptop - was tun? Voller Entzug. Zum Lesen noch zu
aufgeregt. Da befasse ich mich mit den Teilbeitragszahlungen der Kranken Kasse
für meine Depressionspsychotherapie (bei 350.- Behandlungskosten im Monat
erhalte ich 140.- teilrefundiert; bei einer Pension von 400.-) und stelle fest,
daß sie mit den Zahlungen an mich erst im Februar sind, und dass sie mir in den
Monaten, wo ich wegen der Medikamenteneinstellung einen psychiatrischen
Facharzt in Anspruch genommen habe, nur die 60.40 von den 70.- von der
Psychiaterstunde refundiert haben, aber nichts von den 350.- der
Psychotherapie. Ich ärgere mich und will mich gleich online beschweren, ach
geht ja nicht, dann einen Brief schreiben; notgedrungen handschriftlich (es
wird sicher alles korrekt sein und rechtlich abgesichert, wie die das machen –
nur Leute wie ich bleiben dann über).
Ich bin völlig niedergegangen; ich weiß nicht ein noch aus.
Was kann ich tun? Ich habe keine Ersparnisse, ich bin völlig überfordert, weiß
nicht, an wen ich mich um Hilfe und rechtliche Unterstützung wenden kann – und
es muß ja gratis sein. Gleich flüchte ich im mein: ich mag nicht mehr. Ich
möchte meinen Lebensabend ohne Überlebenskämpfe verbringen. Ich möchte einfach
in Ruhe meine Textlein schreiben, wenn sich (Kost und Logis bekomme ich ja von
meiner Frau) ab und zu ein Kaffeehausbesuch ausgeht, oder gar ein Buch oder
eine CD – dann ist das super, aber das ich be-anspruche und fordere gar nicht
mehr. Ich habe mich eh schon so reduziert.
Das Schlimmste in solchen scheinbar oder anscheinend
ausweglosen Situationen ist ja, dass ich sogleich in einen solchen Jammer und
eine solche Mutlosigkeit verfalle, in einen solchen Jammer, dass der mir schon
ein wenig unheimlich ist. Sicher, es wird schon auch der Internetentzug eine Rolle
spielen – ich weiß, wie wichtig mir das Internet als Ersatz für echten
gesellschaftlichen Austausch und einen echten, realen und handfesten Platz in
Gesellschaft und Welt ist. Ich mag dann nicht mehr, wenn mir das bißchen Welt
zusammenbricht, und mir kommt dann vor, immer, wenn es mir gut geht, wenn ich
glaube, dass mir etwas gelungen ist (Texte) und es läuft, muß irgendsoein
böser, blöder oder eifersüchtiger Gott, oder Göttlein (oder meine
internatlisierte Selbstbestrafung – das ist ja wurscht, wie der Scheiß heißt)
das Ganze zertreten.
Das ist mein Lebensabend, ich will endlich etwas
existentielle Sicherheit haben, ich will meinen bescheidenen Vergnügen
nachgehen und geduldig auf Freund Hein warten. Und ich glaube, immer noch etwas
zu sagen zu haben, aber nicht durchzukommen. Ich will kein Gezappel wegen eines
kaputten Laptops, den ich doch für meine Schreiberei, meine
Behördenkommunikation, Mediennutzung (Information, Literatur, Musik, Filme) etc
brauche. Ohne dieses Fenster zur Welt vereinsamte ich doch hier in meiner
Kemenate.
Wie gesagt: ich habe das eh Jammer genannt und jämmerlich ist
es auch.
Und das ist der nächste Punkt: ich halte mich in
solchen Situationen kaum aus; wenn ich mir zuschaue, wie ich niedergehe und
jammere, ekelt mir vor mir selbst.
Gottseikrank und Gottlog gibt es einen kleine Region in mir,
die sich da nicht völlig reinziehen läßt. Die dann sagt: „Peter, das kennst du schon!
Bisher bist du immer noch irgendwie – es muß ja nicht elegant sein - da rausgekommen. Warte ein wenig ab.
Überschlaf das Ganze. Lies Knausgård oder Charms oder deinen C.C.“
Ja, das hilft!
(18./19./überarbeitet 21.6.2020)
©Peter Alois Rumpf, Juni 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
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