1809 Ich werde das Licht aufdrehen
In die langsam niedersinkende Dämmerung, die doch in
Wahrheit von unten herauf steigt, blüht der Kirschbaum her, die Robinia
Pseudaccacia und die Essigbäume warten noch, wie immer. Der Weidenbaum schlägt
auch schon aus und der im Herbst niedergestutzte Holunder, wie ich immer
dazusage: der Baum der Frau Holle, vor dem man den Hut ziehen sollte, der
Holler also hat den ganzen Winter über seine nach der Attacke frisch
ausgetriebenen Blätter behalten.
Wind geht keiner, im Moment hält er sich an die
Ausgangssperre.
Die grauen weißen Wolken zeigen noch gelbe Flecken und rosa
Flächen.
Der Abend, die schwierigste Zeit für alle Süchtigen, die
Flaute zwischen Tag und Nacht, die ja besser definiert sind, als die Grenzen
und Übergänge, dieses Niemandsland, wo die Trauer kommt oder die Angst und
niemand weiß, was er tun kann, wenn er sich nicht ablenkt und nicht gleich das
Licht aufdreht.
Das schöne Gewirr der weißen und grauen Äste und Zweige wird
immer dunkler und grauer.
Ein Amslerich setzt sich nieder und verschwindet wieder –
ich nehme an, er ist davongeflogen, während ich meine Augen auf das Papier
gerichtet hatte.
Auch ich stehe jetzt vom Stuhl auf und erhebe mich und werde
das Licht aufdrehen.
(31.3.2020)
©Peter Alois Rumpf,
März 2020
peteraloisrumpf@gmail.com
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