Mittwoch, 11. März 2020

1806 Die nackten Bäume


Draußen im Hof ist alles wie von silbrigem Weiß überzogen. Der Himmel: vom Sonnenlicht hinter den dünnen Wolken geschärftes strahlendes Weiß. Die Mauern: milchiges Weiß. Selbst die roten Dächer scheinen von weißem unsichtbarem Mehlstaub überzogen. Und erst recht die nackten Bäume: das Grau der Rinde ist sehr weißlich.

Dieses Weiß scheint über alles gelegt zu sein und alles miteinander zu verbinden. Nicht die Konturen und Gegensätze sind betont, sondern alles ist einander angenähert. Alles schwimmt und schwebt in diesem milchigen Lichtäther. Das ist schön, ich genieße diesen Anblick vom Lehnstuhl im Atelier aus.

Dann beginnt der Wind in den Zweigen der Bäume zu wühlen; die Bäume schwanken beängstigend hin und her – mir zumindest kommt es so vor, als würde der Wind versuchen, mein betrachtetes Gesichtsfeld zu zerreißen. Dann beruhigt er sich wieder und wird zärtlich zu den Bäumen.

Oder erschrecke ich, weil er mir in mein labiles Gleichgewicht meine eigene, versteckte Wildheit aufrührt? Auch dieser Anblick der wankenden Bäume ist nicht bloß erschreckend, sondern schön.


Später dann hat der Wind die Wolken verjagt und alles strahlt im Sonnenlicht und tritt scharf hervor.












(11.3.2020)











©Peter Alois Rumpf,  März 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite