Dienstag, 17. September 2019

1504 Ein grauslicher Kaffee


Der Kaffee, den ich vorhin in einem Cafe-Restaurant, das ich noch nie besucht hatte, genossen habe, war richtig grauslich. Weil ich das immer so vermutet hatte, bin ich nie dort eingekehrt, obwohl es an einem schönen, lebendigen Platz liegt, direkt vor den Bäumen, die ich zu meinen Freunden erkoren habe, mit einer „terrasse“ einfach auf dem Gehsteig, ohne totale Verbarrikadierung, so wie es in Paris üblich ist, also ohne Barrikaden, Zäune, Mauern, die die Gäste vom Leben auf Gehsteig und Straße abschotten. Hunderte Male hatte ich in der Nähe dieser Gaststätte zu tun, nie war ich dort Gast, weil ich den grauslichen Kaffee vermutet hatte, aber da heute ein sonniger Tag ist und ich zu früh für meinem Termin ein paar Häuser weiter dran bin, aber zu spät, um zu meinem Lieblingsespresso zu fahren und weil ich einmal dieses Pariser Gefühl genießen wollte, bin doch eingekehrt.

Jetzt sitze ich in einem Innenhof direkt unter einer miniermottenzerfressenen Roßkastanie, und ein kleiner Windstoß holt gleich ein paar der verdorrten Blätter herunter.
Vor mir, in ein paar Meter Entfernung, stehen zwei Ahornbäume. Zwei Büsche tragen lindenartige Blätter, aber ob sie Linden sind, weiß ich nicht; würden die nicht einstämmig wachsen?

Hinter einem Fenster kann ich erkennen, daß jemand Gewichte stemmt, daneben steht ein Trainer oder Partner.

Die schattige Ruhe hier ist angenehm, der Straßenlärm kommt nur gedämpft durch und gerade singt ein Vogel; sein Gesang ist mir unbekannt.

Ich sehe unter dem zerfressenen Blätterdach nur einen ganz kleinen Himmelsausschnitt, durch dessen Blau dünne, weiße Wolken ziehen.
Und jetzt gehen zwei, nein drei Meisen den Baumstamm hinauf, still und ganz leise zwitschernd hüpfen und flattern sie hier herum.

Ein Mann mit Sommerhut, ein wenig in den Nacken geschoben (wie ich), mit Kinnbart (wie ich), mit kurzärmeligem Hemd (wie ich) und Rucksack (wie ich) kommt aus einem Tor (das ich bald betreten werde) heraus und durchschreitet, mit leicht gesenktem Kopf, fest, aber nachdenklich (wie ich, wenn ich jetzt nicht säße) den Hof und geht beim anderen Tor hinaus. Wie heben zum gleichen Zeitpunkt unsere Blicke und schauen uns kurz und erstaunt an. „Das ist eigentlich alles“ (Daniil Charms).













(13./17.9.2019)












©Peter Alois Rumpf,  September 2019  peteraloisrumpf@gmail.com



0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite