1486 Über den nassen Beton
Ich blicke auf eine schwarze Ziegelwand, die von einer
ordentlichen Fensternische, einer Damenklotür und einem mittelgroßen Spiegel
mit aufgesetztem Fächer durchbrochen ist. Genaugenommen in der linken Ecke auch
von einem Stapel roter Sitzpölster für den Johannisgarten. Von einem Gerät
blinkt es via Spiegel rot her.
Überhaupt finde ich viel rot im hinteren Zimmer: Stühle und
Bänke – alle rot.
Hier ist weniger Musik als im vorderen Gastzimmer. Ich
beobachte in dem kleinen Raum ohne nennenswertem Fenster (Fensternische zum
kargen Hof hinaus) die Menschen sehr aufmerksam und gierig.
Wollen wir überhaupt noch auftauchen? Mein Beobachten hemmt
heute mein Schreiben. Sitze ich zu nah?
Jetzt sind die Objekte meiner Beobachtungsbegierde (ein Mann
und eine Frau) gegangen. Eine gar nicht unangenehme Leere vor mir im Blickfeld
– das vorhin war mir schon zu viel; so viel wollte ich von der menschlichen
Natur gar nicht mitbekommen – wenn es denn nicht bloß meine Projektion war –
auch wenn äußerlich gar nichts besonderes geschehen ist.
Noch ein Beisitzer ist aufgestanden und weggegangen. Die
Leere vor mir fühlt sich wie ein Loch an, das mich anzieht. Was passiert, wenn
ich mich einfach nach vorn stürze und einen Köpfler ins Loch mache (wie 1986 in
den Mistkübel in Rein)?
Nein, so weit bin ich noch nicht.
Durch das von der großen Nische flankierte kleine Hoffenster
sehe ich eine Frau, die im schwarzen Kleid gekonnt über den nassen Beton tapst,
so, daß sie dabei schön bleibt.
Übrigens: dem Kindergeschrei bin ich nicht ausgekommen.
(2.9.2019)
©Peter
Alois Rumpf, September 2019 peteraloisrumpf@gmail.com
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