Dienstag, 3. September 2019

1486 Über den nassen Beton


Ich blicke auf eine schwarze Ziegelwand, die von einer ordentlichen Fensternische, einer Damenklotür und einem mittelgroßen Spiegel mit aufgesetztem Fächer durchbrochen ist. Genaugenommen in der linken Ecke auch von einem Stapel roter Sitzpölster für den Johannisgarten. Von einem Gerät blinkt es via Spiegel rot her.
Überhaupt finde ich viel rot im hinteren Zimmer: Stühle und Bänke – alle rot.

Hier ist weniger Musik als im vorderen Gastzimmer. Ich beobachte in dem kleinen Raum ohne nennenswertem Fenster (Fensternische zum kargen Hof hinaus) die Menschen sehr aufmerksam und gierig.

Wollen wir überhaupt noch auftauchen? Mein Beobachten hemmt heute mein Schreiben. Sitze ich zu nah?

Jetzt sind die Objekte meiner Beobachtungsbegierde (ein Mann und eine Frau) gegangen. Eine gar nicht unangenehme Leere vor mir im Blickfeld – das vorhin war mir schon zu viel; so viel wollte ich von der menschlichen Natur gar nicht mitbekommen – wenn es denn nicht bloß meine Projektion war – auch wenn äußerlich gar nichts besonderes geschehen ist.

Noch ein Beisitzer ist aufgestanden und weggegangen. Die Leere vor mir fühlt sich wie ein Loch an, das mich anzieht. Was passiert, wenn ich mich einfach nach vorn stürze und einen Köpfler ins Loch mache (wie 1986 in den Mistkübel in Rein)?
Nein, so weit bin ich noch nicht.

Durch das von der großen Nische flankierte kleine Hoffenster sehe ich eine Frau, die im schwarzen Kleid gekonnt über den nassen Beton tapst, so, daß sie dabei schön bleibt.

Übrigens: dem Kindergeschrei bin ich nicht ausgekommen.








(2.9.2019)









©Peter Alois Rumpf,  September 2019  peteraloisrumpf@gmail.com

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