1244 Eine fremde Frau will 18.013,96 Euro von mir
„Genießen Sie die Sonne!“ sagte die junge Frau hinterm
Postschalter, wo ich wichtige Briefe aufgegeben hatte, einen sogar eingeschrieben,
um Unheil abzuwenden. Und entgegen meinen Plan bin ich ins Adria Wien auf einen
Kaffee gegangen und nun sitze ich im Glashaus im Sonnenlicht (und soll keine
Steine werfen). Denn solche überraschenden und ungewöhnlichen Aussagen wie die
der Postlerin nehme ich fast schon als Botschaften des Himmels, vor allem an
Tagen wie heute.
Das war nämlich so: ich bin jetzt eine Woche von der REHA
zurück – von rehabilitiert sein kann noch lange keine Rede sein – und es
bestand schon ziemlich große Gefahr, daß meine ganzen Anregungen, Vorhaben, die
ich von dort mitgenommen habe, im Alltag zerbröseln: ich stehe wieder später
auf, habe mir zwar im ersten Schwung einen Zeichentisch hergerichtet, aber kaum
noch gezeichnet, das „Zittern“ habe ich nur ein einziges Mal weitergeführt und
vieles mehr.
Heute im Aufwachen denke ich das alles durch und beschließe,
wieder mehr auf meine Angelegenheiten zu achten, zu schreiben, zu zeichnen,
Tensegrity zu üben, zu „zittern“, zu walken und was sonst noch dazu kommt.
Mitten in den Frühstücksvorbereitungen meiner Frau – ich
arbeite gerade an der Archivierung meiner Rust-Texte – läutet es an der Tür und
die Briefträgerin bittet meine Frau, hinunterzukommen um einen Rsb-Brief zu
übernehmen. (Meines Wissens ist es umgekehrt: die Briefträgerin hätte
heraufkommen müssen – ich weine unserem vorigen Briefträger nach!)
Der Rsb ist für mich: eine Frau Sowieso klagt mich an, von
ihr Geld ausgeborgt und nicht zurückgezahlt zu haben. Es geht um 18.013,96
Euro. Mich haut es um! Ein Schreiben vom Gericht, richtiger Name, richtige
Adresse, nur der Titel ist falsch (Dipl.Ing. passt so gar nicht zu mir! Das
möchte ich auch gar nicht sein.) Ja, mich haut es um! Ich kenne die Frau nicht!
Mir wird schlecht. Jetzt, in meinem labilen Zustand kann ich so etwas brauchen
wie einen Kropf. Ich kann nicht essen. Ich laufe in der Wohnung hin und her.
Wie komme ich dazu, beweisen zu müssen, daß ich nicht der Täter bin? Und wie
beweist man, daß man etwas nicht getan hat? Ich soll Zeugen angeben! Zeugen für
etwas, was ich nicht getan habe? Wie geht das?
Mein Plan, ruhig zu werden und mich wieder auf meine
Rehabilitierung – im Sinne der Gesundheit – zu konzentrieren, ist kaputt, weil
ich mich jetzt vor Gericht rehabilitieren muß. Verdammte Scheiße! Können die
nicht vorher klären, ob ich der Täter bin, bevor sie klagen und mit Exekution
drohen? Ist das nicht die Umkehr der Beweislast?
Ich zwinge mich zu essen, weil ich weiß, daß man mit vollem
Magen weniger Angst hat, damit ich wenigstens reagieren kann.
(5.2.2019)
©Peter Alois Rumpf Februar 2019
peteraloisrumpf@gmail.com
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