1161 Mutters Geburtstag
Mutters Geburtstag. Ich bete dann schon für sie – so bin ich
nicht. Für den Vater auch. Sogar für den
gschissenen Döbereiner. Aber nicht nur für die Toten. Zuerst für meine Kinder,
meine Frau, die Stiefkinder und alle, die dazugehören, vorallem „meine“
Enkelkinder - aber auch für meine Geschwister, meine Neffen und Nichten, alle,
die da zu gehören, Schwiegereltern … . Es ufert schnell aus: wenn ich noch – durchaus
auch um das schuldverseuchte energetische Familienerbe zu bereinigen – für
meinen gestorbenen Kriegsverbrechernazionkel bete und dann geht es mit seiner
Familie weiter und und und … . Aktuell würde ich auch noch den Arbeitskollegen
Peter Lenz mitnehmen, dessen Begräbnis morgen ist.
Naja, meistens bleibe ich bei meiner Kernfamilie. Und so
ernst und streng nehme ich es mit der Beterei auch nicht. Nur wenn es mich
freut, nur wenn es mir überhaupt einfällt, und das ist selten. Auch dann sch...
verzichte ich oft darauf. Und wenn ich bete, klopf ich es meist recht flott und
gleichgültig herunter. Also: so viel Aufhebens muß man davon nicht machen.
Die Espressobar leert sich gerade. Was sie sich lehrt
– wie ich irrtümlich geschrieben habe – weiß ich freilich nicht. Unfreilich
auch nicht.
Ich bin jeden Tag anders und doch immer gleich: vorgestern
fromm, heute scheinheilig, dann spöttisch … . Oder umgekehrt. Wie schon oft
gesagt: ich bestehe nur aus Masken (das ist das, was immer gleich bleibt) und
wenn man alle Masken weggäbe, wäre nichts da. Gar nichts.
Ein älterer Krauderer redet jetzt recht laut. Ein Arbeiter
arbeitet im Klo mit der Stichsäge. Ich sitze mit überschlagenen Beinen vorm
Tischchen, fast eingeklemmt (gibt Druck und damit Stabilität von außen) und
verzehre das dritte Schnittenstückchen, die Beigabe zum dritten Cappuccino.
Ein volles Lokal wirkt anders als ein leeres, aber beides
hat was. Manchmal müssen auch Banalitäten aufgeschrieben werden. Meine ich
halt.
Durch irgendwelche für mich nicht nachvollziehbare
Lichtspiegelungen gleitet jetzt bei meiner Kugelschreiberspitze ein Lichtpunkt
mit. Eher ein wenig irritierend. (Meine Aussagen können nicht indirekt und
verhalten genug sein; „eher ein wenig“. Das Direkte liegt mir nicht. Eh klar,
ich weiß ja selber oft nicht, in welcher Maske ich – oder wer oder was das ist
– stecke.)
(7.11.2018)
©Peter Alois Rumpf November
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite