1159 Erschöpft
Wieder habe ich heute meine Geschichte erzählt und davon bin
ich erschöpft, sehr erschöpft. Und ich bin so traurig, so traurig. Ich halte es
schon aus, ich beklage mich nicht, ich stelle es nur fest.
Ich betrachte den Strudel um die Boote auf dem Bild. Ich
betrachte die zwei Visionäre in einem anderen Bild, die mit verrücktem Blick in
meine Richtung schauen, vielleicht durch mich hindurch (oder auf den Schatten
hinter mir). Ich betrachte den lebendigen Berg auf einem weiteren Bild, der
vermuten läßt, daß die Erde lebt. Ich betrachte die Wintersonne auf dieser
schönen Photographie, wie sich jene durch einen dünnen Wolkenschleier kämpft und
durch eine Schneise im Wald herleuchtet. Ich betrachte den sich sachte der
Realität entziehenden Baum auf einem fünften Bild, links steht ein zweiter Baum, den die Schwerkraft noch
festhält. Ich betrachte die vielen Kinderzeichnungen in meiner kleinen Kammer
und allmählich beruhigt sich mein Herz.
Und meine kreisenden Gedanken wühlen es gleich wieder auf.
Aber ich bin so müde, so müde. Lebensmüde wäre eigentlich das richtige Wort
dafür, wenn es nicht schon diese Bedeutung hätte, die es hat, denn ich werde
sicher nicht abhauen. Vielleicht wäre besser: überlebensmüde, weil ich
es müde bin, bloß zu überleben. Oder: dieseslebensmüde, weil ich
meine Flügel nicht entfalten konnte und nicht entfalten kann: sozusagen wie
eine Blume im Herbst, der es nie gelungen ist, zu blühen.
(5./6.11.2018)
©Peter Alois Rumpf
November 2018
peteraloisrumpf@gmail.com
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