999 Rehlein
Das Cafemima ist voll. Markttag. Buddha meditiert seine
innere Stille (hoffe und glaube ich) als Tonfigur verkleidet. Der Elefantengott
ist stofflich auch da und ein plakatives, papierenes Hoppala von Gitti. Die
Welt wird wirklich bunter. Meinen Halsschmuck mit dem bethlehemitischen
Tau-Taube-Ölbaumholzkreuz, dem mexikanischen Psilocybe-Stein und der
Marienblechmarke – ich glaube ungeweiht - habe ich umzuhängen vergessen, obwohl
ich ihn mitnehmen wollte. Dafür habe ich heute meine chefarztpflichtigen
Antidepressiva – einzunehmen nach dem Frühstück – dabei, die ich gestern
vergessen hatte. (Es gibt eine Buntheit, die ich nicht mag; und es gibt eine
Buntheit, die ich mag, wie diese hier.)
An Jugendliche wird kein Alkohol ausgeschenkt.
Ich glaube, ich komme jetzt allmählich wieder dort an, wo
ich schon einmal war, bevor ich in die Fünfzigerjahre zurückgebombt worden bin.
In solch einem Ambiente habe ich mich schon früher wohlgefühlt. Der
Wiederaufbau ist sozusagen gelungen. Für mich leider zu spät.
Jetzt habe ich gerade zu den Tischnachbarn gesagt,
„Geschmäcker sind verschieden, aber das Mimafrühstück schmeckt mir ganz
besonders.“ (Beim Versuch, es näher zu beschreiben, sind mir natürlich einige
Wörter nicht und nicht eingefallen – zum Beispiel wie das Brot heißt – und ich
habe herumzappeln müssen. Aber das ist mir völlig egal. Das kann mich heute
nicht erschüttern. Denn heute weiß ich, daß ich – trotz aller Blödheiten - ein
Pionier des echten Fortschritts war, bevor ich in die Fünfzigerjahre
zurückgebombt wurde – respektive mich habe zurückbomben lassen. Jetzt wirke ich
auf alle so, als wäre ich hintennach, im besten Fall, daß ich so halbwegs
gerade noch ein wenig aufgeschlossen habe. Aber schon am Abstellgleis.
An Jugendliche wird kein Alkohol ausgeschenkt.
Ich lasse mich von der Buntheit einhüllen und vielleicht
„meditiere“ ich sie.
Dazu paßt es sehr gut, daß ich am Heimweg einer ehemaligen
Kellnerin aus der Bluebox („Rehlein“ – scheu und unnahbar) über den Weg
gelaufen bin und wir uns wieder erkannt und gegrüßt haben.
Damals in den Blueboxzeiten war ich auch depressiv, aber
fröhlich! Ich habe herumgeredet, daß ich mit dreiunddreißig abtreten werde,
wenn ich bis dahin den Durchbruch als Maler nicht geschafft habe. Wie zu
erwarten war, habe ich das dann nicht getan und mit fünfunddreißig hat es schon
ein wenig nach Durchbruch ausgeschaut, aber dann habe ich mich in die
Fünfzigerjahre zurückbomben lassen oder noch weiter bis in den Krieg und die
Nazizeit.
Ja und ich hatte vorher noch die überaus streng geheimen
Kürzel für mich - die Bluebox-Kellnerinnen hüteten ihre Kürzel für ihre
Stammkunden zum leichteren Aufschreiben der Konsumation ganz eifersüchtig –
herausgefunden: zuerst „Mann mir Hut“ und nachher „Maler Krönchen“, auf ein M
mit Krönchen reduziert. Ich bin heute wieder stolz darauf und muß lachen.
(23.6.2018)
©Peter Alois Rumpf Juni
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite