991 Zack!
Zack und schon war ich direkt aus einer anderen Welt hier
gelandet. 'Gelandet' ist nicht ganz richtig, eher aufgetaucht; von unten
heraufgeschossen gekommen, begleitet von heftigem Surren, das mich noch stark
einhüllt. In weniger als einer Sekunde. Zuerst war ich überhaupt nicht da und
plötzlich war ich voll da. Ohne Übergang.
Jetzt geht es mir ein wenig wie dem Reiter über den
Bodensee: zuerst war ich voll da, aber nun wird mir ein wenig flau und schlecht
im nachträglichen Schrecken über meine ungewöhnliche Reise, obwohl ich ja gut
angekommen bin.
Wo war ich denn überhaupt? Das ist perdu. Diese Erinnerung
fehlt komplett. Aus dem lauten Surren schließe ich, daß es sehr weit weg war.
Ach ja, und die Katze hat mich gar nicht aufgeweckt.
Vielleicht war tatsächlich nicht nur meine Seele, sondern ich mit meinem
gesamten in Energie verwandelten Körper und der Sturm-Graz-Uhr verreist und
mein Bett war leer! Sonst tatzelt mich die Katze ja immer zwischen vier und
fünf Uhr früh wach. Jetzt geht es auf sieben zu. Wie immer in solchen
Situationen: ein tiefer Atemzug. Und noch einer.
Mit den Atemzügen kommt aber die Müdigkeit. Gerade noch
hellwach und plötzlich hundemüde. Wehrt sich mein Alltagsbewußtsein gegen die
Erkenntnis über die Art meiner Reise und will in den Schlaf flüchten? Das
klägliche Alltagsbewußtsein ist ja schnell beleidigt, wenn es in seinen
Selbstverständlichkeiten in Frage gestellt wird oder sich erweitern müßte.
Die kurzen Stimmen aus dem Lichtschacht lösen ein Krabbeln
auf meiner Schädeldecke aus, das nach unten rieselt und dabei immer schwächer
wird. Hm! Das könnte ein Symptom sein, das meine Theorie bestätigt: mein
physischer Körper ist noch nicht ganz fest.
Ich kontrolliere meine Wahrnehmung, ob daran sonst noch
etwas auffällig ist: hören, sehen, fühlen (außen: Fühler). Sind nicht die
Geräusche viel näher als sonst, als wäre mein Hören noch nicht richtig in
meinen physischen Körper eingerastet?
Beim Sehen fällt mir zunächst nichts auf, aber als ich meine
Augen bewege, bleibt das Bild stecken und in mir macht sich ein angstmachender
Abgrund auf. Wenn ich mit den Augenbewegungen aufhöre, bleibt noch ein
Nachschwall dieser Angstaufwallung, der aber langsam wieder verrinnt. Ich
probiere es aus: der Vorgang ist wiederholbar – ein echtes
naturwissenschaftliches Experiment!
Im Taktilen und Haptischen bemerke ich meine noch verschwommenen
Körpergrenzen.
Langsam wird mir meine Untersuchung fad und deren Ergebnis
egal. Aha! Das brave, feige Alltagsbewußtsein hat sich durchgesetzt. Da schau
her! Genau in diesem Moment kommt die Katze herein. Ich aber werde zu dieser
ungewöhnlich frühen Zeit hinunter frühstücken gehen. Der Kaffeeduft, der von
unten heraufsteigt, ist mir jedoch noch zu stark. Diese Empfindlichkeit deutet
auch in Richtung … einer sehr weiten Reise.
Vorm eigentlichen Frühstück, aber schon unten in der Küche
habe ich noch ein Stücklein meiner Haut gegessen, das ich mir, weil es vom Rand
des Nagelbettes meines linken Ringfingers abgestanden ist, abgebissen habe. Wie
nennt man das wissenschaftlich?
Und während ich mir meinen Frühstückskaffee – drei Viertel
Getreidekaffee und höchstens ein Viertel echten – zubereitet habe und beim
Durchrinnen des kochenden Wassers durch den Filter gewartet habe, habe ich mir
auf meine Brust gegriffen - linke Hand linke Brust, rechte rechte – und zwar
so, als hätte ich einen kleinen, weiblichen Busen und habe ihn gestreichelt.
Wie nennt man das wissenschaftlich? Antworten bitte an untere Emailadresse.
(20.6.2016)
©Peter Alois Rumpf Juni
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite