986 Schlechtes Gewissen
Schlechtes Gewissen, weil ich so lange geschlafen habe.
Dabei merke ich, wie gut ich mich dabei von meinem Lebensstress erhole. Aber
die Autoritäten stechen immer noch auf mich ein: Genießen verboten! Nein,
subtiler: Genießen fragwürdig! Und: Du mußt tüchtig sein!
Liebe Leute, das mit dem Tüchtig-Sein könnt ihr euch
abschminken. Dafür ist es viel zu spät. (Außerdem war ich tüchtig, wenn
ich zum Beispiel meine Ausstellungen vorbereitet und aufgebaut, oder in
geordneten Arbeitsverhältnissen gejobbt habe.) Nein, dafür ist es zu spät.
Nein, ihr müßt akzeptieren, daß ich jetzt bei meinem Lebensabend angelangt bin.
Für mehr reicht die Kraft nicht mehr. Ich habe sie vorzeitig im Kampf gegen die
Dämonen meiner Kindheit aufgebraucht. Neunzig Prozent meiner Energien waren und
sind darin gebunden. Die Dämonen sind: … ich bringe es nicht über das Herz, die
aufzuzählen, denn ich müßte mit meinen Eltern beginnen. … Dann lassen wir es.
Ich bin am Lebensabend angelangt; ich will nicht mehr. Nur
mehr ein wenig herumgrabbeln. Lesen, Schreiben, Familie inklusive Opa, Musik,
Kunst, ein bißchen Fußballschauen. Aus!
Wenn die mir blöd kommen, klage ich an: die katholische
Kindergartennonne mit ihrem Terror; die schimpfenden, spottenden, gehässigen,
bloßstellenden, zum Teil noch schlagenden Lehrer; die brüllenden Schulärzte,
einfach feiste Rüpel; die ganzen unbehandelten, aggressiven Kriegsgeschädigten
und Kriegsschädlinge, oft noch ganz im Nazidreck verstrickt; die mobbenden
Jugendlichen (von Eltern und Lehrern animiert) mit ihrem Feuer unterm Baum; den katholischen Hausarzt, der das von den Schlägen der liebenden Mutter am Auge
leicht verletzte Kind nicht geschützt und zur Rettung der heiligen Familienlüge
nicht nachgefragt hat; die Nachbarin, die den Vater, der seinem Kind vorm Haus
einen Faustschlag versetzt hat, daß es mehrere Meter durch die Luft geflogen
ist, nicht angezeigt hat; die Erwachsenen am Putterersee, die dem von einem schwulen
Pädophilen bedrängten Buben nicht geholfen haben, sondern weggeschaut, auch,
als der dem Buben ins Klo nachgerannt ist; diesen ganzen Affenzirkus aus
einschüchternden Angebern, die sich immer als feig und Versager herausstellen,
wenn es darauf ankommt; und alle die staatlichen und sonstigen Behörden, die
sich so unglaublich wichtig machen und mit was-weiß-ich für einem Nimbus
auftreten, aber zu träge, zu gleichgültig, zu desinteressiert sind,
einzugreifen, wenn das ihre Aufgabe ist und einfach nicht ordentlich ihren Job
machen. Dieser ganze Ruß und Mist! Schluß! Aus! ICH strenge mich nicht mehr an!
Ich will nur mehr meinen Lebensabend genießen. Mich von allen meinen
unerfüllten Lebensträumen und Lebenshoffnungen zu verabschieden, ist Arbeit
genug für den Rest meines Lebens.
Das einzige, was mich noch interessieren könnte, wäre mit
Drogen anzufangen. Damit ich wenigstens ein paar Stunden der Entlastung erleben
kann und ein wenig hinter die Kulissen blicken. Vor allem aber, um mich
allmählich auf meine letzte, endgültige Reise vorzubereiten.
(18.6.2018)
©Peter Alois Rumpf Juni
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
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