Montag, 4. Juni 2018

963 Das innere Mühlrad


Das innere Mühlrad dreht sich langsam und schwerfällig. Was wird zermalmt? Oder ist Sand im Getriebe? Wie stark sind die Mühlsteine und wie stark ist das Mahlgut (oder schlecht)? Heute morgen höre ich ausgezeichnet. Ich höre die Stadt rauschen: frisch und klar und urban-optimistisch. Geschäftigkeit und Autoverkehr geben Schwung. Ich kannte das auch einmal, zumindest in Ansätzen und phasenweise. Die Stadt singt geradezu.
Mein Bewußtsein scheint mir in Hals und Kinn zu stecken, mit zwei Strängen rauf zu den Augen. Ich versuche, mein Bewußtsein mit dem Lift weiter nach unten zu fahren, aber es schnellt wieder herauf. Ich lausche wieder dem polyphonen Gesang der Stadt, der von einem tiefen, ernsten, orchestralen Röhren unterlegt ist.

Wenn das alltägliche menschliche Bewußtsein eine Insel ist, dann ist das Unbewußte das Meer rundherum. Freuds Unterbewußtsein ist bloß der Bereich in Ufernähe, wo der ganze menschliche Mist und Abfall herumliegt. Der wirklich interessante Bereich beginnt erst jenseits davon, jenseits der Müllhalden. Das nur so nebenbei, weil ich gerade aufs Bücherregal und dort auf Freuds Gesammelte Werke gestarrt habe.

Ich hatte vor, eine Arbeit zu schreiben, in der ich Freud auf den Kopf stelle oder vom Kopf auf die Füße. Das werde ich aber nicht schreiben – ob aus Einsicht in meinen Größenwahn oder aus Träg- und Hoffnungslosigkeit – das weiß ich nicht. So weit ist der Zermahlungsprozeß meiner Hoffnungen und Ideen, Einfälle und Vorhaben, Eingebungen und Illusionen noch nicht fortgeschritten; nur so weit, daß ich sie nicht mehr ausführen kann. (Ich bin keiner, der nur für die Schublade schreiben kann; ich bräuchte meine Auftritte.) Oh! Ich muß mich von so vielem verabschieden!

Dann müssen sich die Götter halt jemand anderen suchen.








(4.6.2018)











©Peter Alois Rumpf    Juni 2018     peteraloisrumpf@gmail.com


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