Sonntag, 24. Juni 2018

1001 Mit links


Ich halte die Katze im Arm und wiege sie wie ein Baby. Dann kraule ich ihr lange den pelzigen Bauch. Dann wische ich mir meine katzenhaarigen Hände einfach an der Bettdecke ab und nehme den Kugelschreiber in die rechte Hand und beginne zu schreiben. Gleichzeitig versuche ich meist vergeblich, die Katzenhaare von der Notizbuchseite zu bekommen. Zwischendurch lege ich meine rechte Schreibhand ohne Griffel auf die Katze, auf daß sie weiterschnurre.

Wiedereinmal lausche ich dem reichhaltigen, modulierenden Ticken des Weckers, mit geschlossenen Augen. Sofort wird dieses Geräusch zu einem Strom von schwingenden, sich verändernden Tönen, für die die Bezeichnung „Ticken“ falsch und armselig wäre.

Vage, undefinierbare Bilder fahren mit großem Tempo an mich heran. Die Katze fordert wieder streichelnde und kraulende Aufmerksamkeit oder zumindest eine Handauflegung. Ich gebe den Stift gar nicht aus der Hand und lege ihr kurz meine Hand auf, aber ohne einen Segen zu sprechen. In diese Stille hinein wird mir bewußt, daß ich für niemanden ein Gegenüber bin. Das macht mich traurig.

In meine Vorlesung – mit geschlossenen Augen - ist niemand gekommen; ich kann wieder umdrehen. Die Katze schnurrt nicht mehr, sondern schaut von Zeit zu Zeit still um sich. Nach ein paar Minuten kommt doch die Aufforderung zu Körperkontakt (sie schaut mich an und sagt: Miau!).

Die Katze liegt rechts von mir; läge sie links, könnte ich ihr, während ich schreibe, die linke Hand aufgelegt lassen. Ich versuche mit links zu schreiben. Nur mit innerem Auge sichtbare Bewegungen sind um mich. Sie wirken ein wenig unruhig, nicht ganz harmonisch. Es entsteht das Gefühl, dass meine rechte Hand in die Katze einsinkt, unsere Grenzen lösen sich auf und unsere Energiekörper gehen am Rand ein wenig ineinander.

Jetzt fährt eine starre Reihe verschwommener dunkler Steher – wie für Zäune etwa, aber weit nach oben ragend und nicht aus Holz, sondern aus dunkler Energie – an meinem inneren Auge von links nach rechts vorbei und wechselt dann die Richtung. Die Katze verläßt mein Bett und ich kann wieder mit der rechten Hand wie mit links schreiben.

Ich bin innerlich nach Admont gereist und stelle wieder einmal fest, der Marktflecken tut sich neben dem Stift schwer sich zu behaupten.

Mein Rucksack! Wo ist mein Rucksack! Gerade ist die Tür ins Schloss gefallen.

Mein letzter Versuch: könnte ich bitte die Lottozahlen für die Ziehung am kommenden Mittwoch haben?

Plötzlich steht ein riesiger blaugrüner Rucksack vor mir – ich habe den Verdacht, vor meinem inneren Auge – und verschwindet wieder.
Danke, aber ich habe umdisponiert; die Lottozahlen wären mir jetzt wichtiger! Aber bitte länger eingeblendet lassen, damit ich sie aufschreiben kann!

Ein russischer Bluessänger tritt kurz auf. Was soll der Hinweis? Statt Lotto soll ich lieber russisches Roulette spielen? Nö! Weder in Wien, noch in Niederösterreich, noch im Burgenland (Verkehrsverbund Ost).

Ich lege mir meinen Arbeitsplan für die nächsten Stunden zurecht, wie ich mit der Korrektur vorgehen werde etcetera, etcetera.

Ich höre innen Gitarrenmusik, bis von rechts ganz kurz so ein rustikaler Alpintrottel auftaucht und „juhuu!“ dreinschreit. Alles kaputt. Davon bin ich aufgewacht.

Ich kümmere mich um so viele Angelegenheiten, aber tauche so schnell in die verschiedenen Welten ein und aus, daß ich nicht weiß, ob was wie erledigt ist.

Ein herzliches Vergeltsgott.

Mehrsprachige Lieder: die Sängerin singt französisch, ich rappe dazu.

Das ist keine unendliche Geschichte! Keine Sorge. Ich bin sterblich.

Ein Baby, dem ich helfen will, sagt: „Alles gut!“ in Babysprache, aber erstaunlich früh für sein Alter.

Manchmal ziehen transmondiale Jogger an mir vorbei, obwohl sie eigentlich laufen.

Ich rücke im Bett ganz nach rechts, presse meinen Rücken an die Wand und schlafe wieder ein.









(24.6.2018)










©Peter Alois Rumpf    Juni 2018     peteraloisrumpf@gmail.com

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