Mittwoch, 8. November 2017

810 Die Umbauarbeiten

Die Umbauarbeiten in der gegenüber liegenden Wohnung sind so laut. Ich selber bin noch eingesurrt und ganz damisch und verloren hänge ich im Bett, zu sechzig Prozent aus dem Traum herausgerissen, zu vierzig Prozent noch darin verfangen. Die Zurufe und Telefonate der Arbeiter gehen mir viel zu nahe, als würden sie direkt vor meiner offenen Zimmertür reden. Gottseidank verstehe ich nichts, aber meine Insel ist bedroht. Mein seelisches Biotop wird mit der Flex bearbeitet. Zwischendurch ist es ganz still, als wäre alles normal. Umso erschreckender, wenn es wieder losgeht.
Von innen sägen und fräsen sich Schluckschmerzen und Schnupfen ins restliche, übergebliebene Inselgefühl.

Mein Gott! Was mach ich, wenn's wirklich losgeht? Wenn's richtig ernst wird? Wenn sie sich mit ihren Maschinen durch die Wohnungstür arbeiten und in Echt auf mein Inselbewußtsein losgehen? Wenn ich jetzt schon verschreckt bin, wo man doch glauben kann, sie halten sich noch an die rechtsstaatlichen Spielregeln. Ich weiche der Gewalt.


Nachdem ich mit dem Text da oben nicht recht weitergekommen bin und ihn auch als nicht wirklich gelungen empfinde – zu holprig, zu konstruiert, man merkt ihm an, daß er nicht im Schreibfluß entstanden ist – habe ich das Notizbuch weggelegt und zu lesen begonnen. Aber jetzt – das ausgelesene Buch zusammengeklappt auf den Stapel neben dem Bett gegeben - fühle ich mich ohne mein Notizbuch in der Hand nackt und ungeschützt. Mein Schreiben dient dazu, meine Blößen zu bedecken?
Ist meine Schreiberei nichts anderes, als mein letztendlich vergeblicher Abwehrkampf gegen den ständig näher heranschleichenden Tod? Der Versuch, durch Beschreiben und Erzählen Geist und Bewußtsein zusammenzuhalten und meinen Verfall zu stoppen und damit zu verlangsamen?

Jetzt liege ich da, döse vor mich hin, schreibe nicht mehr, aber klammere mich – immer weniger fest – mit der linken Hand ans Notizbuch, während ich mit der rechten irgendwie den Kugelschreiber halte, so, daß er mir gerade noch nicht aus der Hand fällt.







(8.11.2017)












©Peter Alois Rumpf    November 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite