802 In Eisenstadt
Also: das Kabel, das an der Decke des Tunnels in kleineren
Abschnittshängungen läuft, wirft mindestens fünf Schatten; verschieden starke,
sehr schöne Schatten; fast durchsichtig bis dunkeldicht („dunkeldicht“! - was
für eine elende Wortschöpfung in blöder, hundertwässriger Manier!).
Und das ist natürlich kein Tunnel, sondern der langgezogene
gewölbte Raum einer Konditorei, vermutlich eine ehemalige Hauseinfahrt. Vermutlich.
Genau weiß ich es – wie so vieles – nicht. Ich bin quasi ein Schreiberling des
Ungefähren, deshalb zu recht als solcher klandestin (Momentan mein
Lieblingswort). (Schließlich will ich auch nicht völlig vergeblich Theologie
studiert haben.)
Übrigens: obwohl ich jetzt Kräutertee trinke, bin ich im
totalen Kaffeerausch, nahe am Überschnappen. Wenn ich den Mund aufmache, höre
ich nicht mehr auf zu reden. (Der Wundertäter hat sich entschlossen, nur mehr
Vorträge zu halten.) (Meine arme Frau! Sie ist meistens meine einzige
Zuhörerin.) (Außerdem entschuldige ich mich dauernd bei ihr für meinen
Rededrang, was das Ganze noch blöder macht.) (Wenn man schon etwas Blödes
macht, sollte man es konsequent machen, ohne sich zu entschuldigen und ohne
sich immer wieder einzubremsen, wenn man dann doch - nach einer viel zu kurzen
Pause - wieder von Neuem mit einem weiteren Durchgang anhebt.)
Und außerdem: wir sind in Eisenstadt. Nur damit Sie, liebe
Leserin, lieber Leser, Bescheid wissen. (Ich weiß ja auch nicht, wo die
Informationspflicht aufhört und die Informationsbelästigung anfängt.)
(Informationsbescheidenheit ist anscheinend nicht meine Zier.)
Schluß jetzt!
Was ich noch sagen wollte: der Bahnhof in Eisenstadt ist
sehr klein, aber ausreichend.
Der Wind. Was macht der Wind? Der Wind schiebt zuerst einen
Haufen Blätter vor unsere Füße – die wir am Bahnhof auf einem Bankerl in der
Sonne sitzen, obwohl der Zug schon bereit steht – dann schiebt er den Haufen
wieder von uns weg. Zuerst tut er mit den Blättern links herum, dann dreht er
die auf der rechten Seite. Dann fängt er wieder von vorne an. Währenddessen
erkläre ich meiner Frau, wo sie alle meine Passwörter – die gültigen wie die
ungültigen – findet – für den Fall des Falles.
Gleich legt der Wind wieder einen Zahn zu und bläst einen
Haufen Blätter in die Luft, dreht sie direkt vor uns im Kreis und, und, und …
was? Sagt er etwas? Ärgert er sich? Amüsiert er sich?
So! Die Sonne ist weg. Wir sitzen schon im Zug. Ein kleines
Stücklein eines Blattes hat sich draußen noch beim Zuklappen meines Notizbuches
im selbigen verfangen und ich betrachte es jetzt, und für sich genommen ist es
– eigenartig punktiert – eine schöne Welt für sich.
(Mein Gott! Ich muß aufpassen, daß mein Text im Kaffeerausch
nicht völlig degeneriert und komplett blöd wird!) (Ich verstaue das Notizbuch
besser im Rucksack.)
(28.10.2017)
©Peter Alois Rumpf Oktober 2017
peteraloisrumpf@gmail.com
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