Montag, 6. März 2017

618 Davon werde ich jedesmal wach

Ich versuche immer wieder, die Schubladen meines „inneren“ Schreibtisches zu ordnen. Vergeblich, denn davon werde ich jedesmal wach. Dann sinke ich wieder zurück und suche verbotene Räume auf, die es im realen Leben gar nicht mehr gibt.

Ein Pfropfen aus geronnenem Blut verstopft mein linkes Nasenloch, aber keine Sorge, Freund der Berge, das war keine rustikale Schlägerei, sondern bloß ein kindisches Nasenbluten, wie du es von mir auch nicht anders erwartet hast, oder?

Ich wache nicht in der Wirklichkeit auf, sondern in einer Blase aus warm umhüllenden Traumstoff, die so ungefähr eine Stunde braucht, um sich aufzulösen. Vorher hat es keinen Sinn, mit mir zu reden oder mich herauszufordern. Letzteres nachher auch nicht, denn – wie du weißt, Freund der Berge – gebe ich immer nach.

Ein Pfropfen aus einer unsichtbaren Substanz schwebt vor meiner Stirn und wirkt auf meine Augen ein. Ich reagiere nicht, und ich erforsche nicht, was es ist. Überhaupt, es wird mir meine innere Fragerei langsam zu viel. Ich komme gegen diesen ganzen Wust nicht auf. Ich werde mich fügen und keine Fragen mehr stellen und nehme nicht an, daß das etwas bringt.

Ich gehöre nicht zu den Lebendigen und aus meinen Augen blitzt kein Schalk und kein „ich weiß, wie es geht, ich kenn' mich aus!“ In meinen Augen schwimmt nur eine Frage: warum?, auf die ich keine Antwort bekomme und die ich deswegen nicht mehr stellen will. Verschwinden wird sie jedoch nicht – im Gegensatz zu mir, der ich äußerst vergänglich bin.

Die windbewegten Schwankungen des Rollos erschrecken mich in mir Versunkenen kurz, weil sie die Lichtsäule daneben, dort ganz links in den Augenwinkeln, ein wenig zum Tanzen gebracht haben. So ein verschrecktes Wesen …  nein, das muß ich nicht herschreiben.

Der Blutpfropfen beginnt zu zerbröseln, wie mein Kokon aus Traumsubstanz sich allmählich auflöst.






(6.3.2017)










©Peter Alois Rumpf    März 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

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