617 So lebt er
Die meisten werden das kennen. Es gibt auf Facebook so
Spiele, wo man sich einloggt und dann
sagt einem der Computer - was weiß ich - was deinen tiefsten Seelenkern ausmacht,
oder was dir dein Engel sagt, oder welche Stadt zu einem passt, oder wie dein
Charakter ist oder deine Berufung etcetera, etcetera. Man wird dabei ja den
Verdacht nicht los, daß das Programme sind, die einen werbetechnisch
ausspionieren – wie auch immer, manchmal kann ich dem nicht widerstehen und ich
logge mich ein. Die Antworten sind manchmal komplett daneben, manchmal kann
auch irgendwas zutreffen – ernst nimmt man das natürlich nicht, meistens ist es
eher zum Lachen, aber es ja bloß ein Spiel.
Gestern Nacht habe ich die „Namentests“-Seite angeklickt,
weil sie „eine Notiz über mich“ haben. Als sprachverfallener Mensch kann ich an
Notizen genauso schwer vorbeigehen, wie an allen Texten, die irgendwo irgendwie
ausgehängt, ausgestellt, gezeigt sind, selbst an den Graffitisprüchen an den
Mauern nicht. Ich habe mich also eingeloggt und weil ich darüber lachen mußte,
die Notiz auch auf Facebook geteilt, mit dem Kommentar: Ich lasse mir schon
gern schmeicheln.
Der Text lautete:
„Eine Notiz über
Peter
Er ist ein Träumer,
ein Macher, ein Denker.
Er hat eine Lösung
für jedes Problem. Er
hat die Augen eines
Visionärs, der so viel sieht, dass
seine Gedanken bis
ans Ende der
Welt wandern. Er ist
ein Sturm, gemischt
mit Sonnenstrahlen.
So lebt er.“
„So lebt er.“ Ja, der Satz gefällt mir! Das ist der Satz,
der mir am besten gefällt. „So lebt er.“ Ha, ha ha. ha. … Das
muß ein Genie gewesen sein, dem dieser Satz eingefallen ist. „So lebt er.“ Der
geht mir nahe. Der trifft's. „So lebt er.“ Hi, hi, hi, hi ... als hätte ich das
bisher gar nicht bemerkt! … Ja. Da ist schon etwas dran. „So lebt er.“ Ich kann
es schon brauchen, daß mir das jemand vorsagt. Oder ich es mir selber vorsage.
„So lebt er.“ … Auf mich bezogen! Ich bin fast stolz darauf, daß ich lebe. „So lebt
er.“ Hmmm. … Ja, tatsächlich, das ist schon mein Leben. „So lebt er.“ Oder das
war mein Leben. Gut, das ist übertrieben, aber ich bin schon in meinem
Lebensabend. … Nicht ganz, nicht ganz – von dem her, was man so erwarten kann.
Aber die Generalprobe ist es nicht. Und auch nicht der erste Akt. „So lebt er.“
So. Und nicht anders. Egal, ob er anders wollte, könnte, sollte, müßte: „So
lebt er.“ Und: so hat er bisher gelebt. So und nicht anders.
(4.3.2017)
©Peter
Alois Rumpf März 2017 peteraloisrumpf@gmail.com
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