Freitag, 3. März 2017

616 Noch scheint die Sonne

Noch scheint die Sonne. Aber der Föhn zieht schon seinen verschleiernden Dunst über das weite, verblassende Blau auf. Die nackten Bäume des übervölkerten Parkes krallen ihre kahlen Äste vergeblich zum angegriffenen Himmel. Zu langsam sind sie und zu starr. Aber bald, bald schon werden sie aufleben und ausschlagen und ihre grünen Blätter austreiben.

Ein paar Schulklassen zappeln und kreischen hintereinander vorbei – sie habe ja alle den selben Stundentakt – während die Flugzeuge langsam und majestätisch schweben (und individuellere Termine haben). Ich weiß schon, das kann ich nur sagen, weil ich so weit entfernt bin.

Eine junge, schlanke Krähe schaut mich fragend an und pickt auffordernd am Boden herum, um mir auf die Sprünge zu helfen, worum es denn geht. Sie kommt gleichzeitig frech und scheu näher. Ich sage ihr, daß ich nichts mit habe und verspreche ein Stück Brot fürs nächste Mal.

Ein kostümierter Hund kratzt sich am Hals. Unprofessionelle Karawanen ziehen vorbei. Es riecht nach irgendwas Gebratenem. Die Amseln rufen fleißig den Frühling herbei.

Kinderwagenkolonnen rollen um die Kurve – ich kann mich noch erinnern, der Spielplatz ist gleich dort rechts hinten.
Die bellenden Hunde beißen nicht, zumindest habe ich keinen von denen beißen gesehen, aber auch keinen von denen, die nicht bellen.
Lachen, das wie Wiehern klingt. (Schreiben, das wie eine Verlegenheitslösung ausschaut.)

Noch ist die Luft relativ ruhig, aber immer öfter kommen Windböen auf, die zunehmend heftiger werden. Die Häuser der Stadt hinter der Mauer des Parkes, gut hundert Meter entfernt, wirken schon starr, klar und ein wenig verschwommen nahe, wie durch eine Brille, die nicht ganz passt. Das glaube ich auch, daß ich die falsche Dioptrienzahl  für die Wirklichkeit habe.

Ein Telefonierer mit leichtem oststeirischen Akzent schreitet über den Schotter vorbei – vielleicht hat er die Sonne angerufen, denn auf einmal kommt sie wieder stärker heraus und brennt mir auf die Stirn.

Viele Jogger und Checker sind unterwegs, männlich und weiblich; in meinem Rücken weiblicher deutscher Akzent; von vorne links jetzt wieder der Wind. Genaugenommen vom Süden, ich habe es mit dem abgeschleckten Finger überprüft.

Die weißen Schleier nun werden wieder dichter, ganz am Horizont rücken schon die ersten echten Wolkenformationen heran. Die Radfahrer habe ich bis jetzt vergessen, die weiblichen, die männlichen, die kindlichen. (Einer der Kleinen heult auf - „magst du gleich schlafen gehen?“ „Jaaaaa!“ und schon fährt er mit seinem Laufrad los.)

Die Wiese liegt wie ein vertrocknetes Brett da; doch wenn man genau hinschaut, kann man ihr beim Grünwerden zuschauen. Gut, liebe Leserinnen, ihr seht, ihr seid live dabei.




(3.3.2017)












  ©Peter Alois Rumpf    März 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

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