Mittwoch, 15. Februar 2017

599 Klandestin

Nach der Arbeit. Wenn ich das Schreiben als meine wirkliche Arbeit bezeichnen würde, müßte ich „nach dem Job“ schreiben. Es gelingt mir jedoch nicht, dem Schreiben solch ein offizielles Gewicht zu geben. Ich bin mehr ein klandestiner Schriftsteller; aber um „Schriftsteller“ hinzuschreiben muß ich mich auch etwas überreden, und „klandestin“ ist Angeberei; da will ich mit meiner Bildung, ja, ja, angeben. (Zur Erklärung: „klandestine Ehen“ waren im katholischen Kirchenrecht Ehen, die geheim, aber im Sinne der Kirche gültig geschlossen wurden, in ein Geheimbuch eingetragen, aber nicht veröffentlicht. Wie ich einmal aus gewöhnlich gut informierten Kreisen gehört habe, sollen zum Beispiel Kaiser Franz Joseph I und Katharina Schratt eine klandestine Ehe geschlossen haben.)

Zurück in die Gegenwart. Ich sitze in einem Kaffeehaus. Das ist der Versuch, gegen meine Gewohnheit auch am Nachmittag zu schreiben. Schreiben zu können.

Ich sitze also da und schaue mich um. Die Köpfe hier im Saal bewegen sich ruckartig. Das fällt mir auf. Eine zufällige Dreifaltigkeit der gleich gekleideten Kellner – gerade nebeneinander einhergehend. Das fällt mir auch auf.

Tja, nichts greift so richtig. Mein Geist hat im Job schon zu viel Zeugs aufgenommen und meine Seele hat dabei ihre heutige Jungfräulichkeit verloren. Für heute. Anscheinend ist eine gewisse Unschuld und Reinheit – wie am Morgen – eine Voraussetzung für meine Schreiberei.

Es geht nicht. So habe ich hier nichts verloren. Ich gehe.



(15.2.2017)











©Peter Alois Rumpf    Februar 2017     peteraloisrumpf@gmail.com

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