596 Es gibt keinen harten Kern
Von einem Albtraum verfolgt bin ich aufgewacht. Schauer der
Angst laufen durch meinen Körper. Ich habe in der Arbeit jemanden umgebracht,
oder sonstwie mitgewirkt, und die Leiche nur schlecht entsorgt. Ich kann
jederzeit auffliegen. Ich fürchte noch dazu, daß das ein Kind war; an mehr kann
ich mich nicht erinnern. Mir ist noch ganz schlecht; ich vermute, mehr wegen
dem drohenden Entdecktwerden, als wegen dem Mord. In einer orientierungslosen
Panik bleibe ich im Bett liegen. Eingekuschelt döse ich vor mich hin. Immer
wieder reißt mich ein Schrecken hoch, als wäre plötzlich alles ins Rutschen
gekommen. Ich spüre diese seelische Übelkeit auch körperlich. Ich kann nicht
aufstehen, ich bin noch in diesem Alb gefangen. Der Gedanke, daß soetwas
meistens beim Aufstehen abfällt, oder schneller abzuschütteln ist, hilft mir
nichts. Ich trifte weg, wieder sehe ich die Vorgesetzten aus der Arbeit und
fürchte, die Leiche wurde schon gefunden. Nein. Noch nicht. Dafür bin ich auch
in der Arbeit eingeschlafen und wurde von der Chefin gerügt. Ich entschuldige
mich dafür, erkläre es mit Übermüdung wegen Überanstrengung.
Meine Außengrenzen sind noch ganz unklar. In Gedanken lege
ich mir die ersten Sätze zurecht, aber jetzt, wo ich sie aufschreiben will,
sind sie mir bereits wieder entfallen. Ich habe noch diesen Angstgeschmack im
Mund und das Zittern sitzt noch in den Eingeweiden. Habe ich immer noch Angst
vor der Arbeit?
Ich existiere nicht. Es gibt keinen harten Kern. Es gibt nur
ein Geflecht von verschiedenen Bildern, Elementen, Gefühlen, Erfahrungen,
Erinnerungen etcetera, die nicht wissen, ob sie zusammengehören. Irgendetwas
klammert sich schon an irgendetwas, aber es wirkt wie Zufall; wie man sich an
dem Grasbüschel, das zufällig da ist, festhält, wenn man an einem steilen Hang
abzurutschen droht. Aber wer ist es, der sich anklammert?
Einzelne, winzige Schneeflocken schweben in berührender
Langsamkeit und tröstender Zeitlosigkeit nieder; ich schaue mehrmals aus dem Fenster, weil
ich es nicht glauben kann. Meine Seele beginnt sich zu beruhigen.
(9.2.2017)
©Peter Alois Rumpf
Februar 2017
peteraloisrumpf@gmail.com
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