573 Der depperte Drucker
Der depperte Drucker funktioniert wieder nicht! Ich habe ihn
gerade reparieren lassen, und jetzt geht er wieder nicht. Was ist das alles für
ein Scheiß!
Ach! Wenn solche Sachen meine Gedanken beherrschen, kann ich
nicht schreiben. Also ganz ruhig, ganz ruhig.
Daß mich so alltägliche Probleme so aufregen können! Weil
ich mich auch so schnell überfordert fühle. Ich habe ja von der Welt und wie
sie funktioniert keine Ahnung. Ich empfinde das als so anstrengend. In ein
Geschäft gehen, erst recht reklamieren, ein Auftreten hinlegen, als kennte man
sich aus, als könnte man sich das alles leisten, als ließe man sich nicht über
den Tisch ziehen. Das ist alles falsch: ich kenne mich nicht aus, ich kann mir
das alles nicht leisten, ich lasse mich über den Tisch ziehen. Diese falsche
Fassade verbraucht schon achtundneunzig Prozent meiner Energie, da bleibt
nichts mehr übrig dafür, ein ordentliches Geschäft abzuwickeln. Außerdem habe
ich immer die Sorge, daß sie es merken. Merken sie es, daß ich völlig
lebensuntüchtig bin? Und wenn ja, was dann? Legen sie mich dann nach Strich und
Faden rein?
Alleine schon das Grüßen kostet mich so große Überwindung,
denn mir steht es als Mann ohne … wie heißt der Begriff? Jetzt läßt mich auch noch mein Gedächtnis im
Stich! … als Mann ohne Initiation nicht zu, jemanden Initiierten anzusprechen.
Oder wie ein Paria, ein Dalit; die stehen auch immer, wie mir erzählt wurde,
vorm Geschäft oder Cafe herum und gehen nicht hinein. Es ist ihnen nicht
erlaubt. Nicht geschäftsfähig.
Fast bin ich erleichtert, wenn das Geschäft geschlossen ist,
dann muß ich nicht hinein.
Oder Baumärkte! Baumärkte sind für mich ein Horror. Erst
recht, weil sie so Männer-dominierte Orte sind. Die merken's erst recht und
dann habe ich keine Chance, mich bei den unwilligen Verkäufern durchzusetzen,
so, daß sie mir eine Auskunft geben. Letztens wollte ich für meine
Klammermaschine, also den Tacker (die ständige Unsicherheit über die richtigen
Bezeichnungen gehört auch dazu), die passenden Klammern kaufen. Unmöglich! Ich
habe mir Marke, Name, Nummer und die angegebenen Klammergrößen meines Tackers
notiert und wollte, daß mir wer zeigt, wo die richtigen Klammern sind beziehungsweise
ob die, die ich da in der Hand habe, zu meiner Maschine passen. Nein,
unmöglich! Es waren wieder die falschen. Dabei stimmen die angegebenen
Klammergrößen beim Tacker und der Packung überein. Ich habe mindestens fünf,
sechs Großpackungen falscher Klammern zu Hause. In meiner Verzweiflung – denn
ich mußte eine Skizze an die Wand tackern – habe ich einen neuen Tacker
gekauft, wo ein Packerl Klammern in die Tackerverpackung integriert war. Aber
nicht beim Baumarkt! Soviel Stolz habe ich schon. Nur, wenn diese Klammern
verbraucht sein werden, wird es – darauf wette ich – wieder die gleichen
Schwierigkeiten geben, auch wenn ich den Tacker und die leere
Klammernschachtel mitnehme.
Als Mann sich in einer Männerdomäne beim typischen
Männerwissen als unwissend zeigen – das kommt wahrlich nicht gut. Sie lassen
einen dann auflaufen und zeigen's einem erst recht. Da hat man dann den Arsch
offen (bitte wörtlich nehmen – denkt einmal nach, was das eigentlich heißt).
Oder Tankstellen! Auch so Orte, wo ich mich nur unauffällig,
sozusagen inkognito, bewegen darf. (Eigentlich ein zutreffendes Bild für mein
Leben – ich lebe inkognito; wie ich wirklich bin, was ich wirklich drauf habe,
darf ich nicht zeigen.) Gottseidank habe ich weder Führerschein, noch Auto
(Griechisch autos = selbst) – sie würden es sofort merken. Mir steht kein Auto
zu. Soviel Platz darf ich nicht beanspruchen. Das würde sofort die zuständigen
Götter gegen mich aufbringen (Siehe: „Mein ganz persönlicher Größenwahn“ hier
in der Schublade Nummer 89).
Ich bin es schon so müde, ich bin es so müde. Ich mag nicht
mehr.
Naja, hier im Bett, beim Schreiben, oder Lesen, oder
Schlafen und Träumen, beim Herumsinnieren – das geht. Das ist der Ort, wo ich
einigermaßen selbstverständlich bin.
Oder singen. Wo könnte ich selbstverständlich singen? Wo
fühle ich mich selbstverständlich genug, daß ich unbefangen singen könnte?
(16./17.1.2017)
©Peter Alois Rumpf Jänner
2017 peteraloisrumpf@gmail.com
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