Freitag, 22. Juli 2016

413 Die Folgerichtigkeit löst sich auf

Oh wie ist das herrlich, so müde zu sein, weit nach Mitternacht, daß sich die Gedanken auflösen, jede Folgerichtigkeit lautlos zerreißt, das Schreiben nicht mehr geht. Vor allem, wenn man schon im stillen Bett sitzt und sich nur ausstrecken braucht. Alle diese festgemauerten Gedankengebäude werden weich wie ungebrannter Lehm im Regen. Ich greife noch nach Gedanken, Gefühlen, dem Kugelschreiber, um Halt zu finden, aber ich lache unhörbar darüber, wie ich danebengreife, oder in Nebel, Wolkenfetzen.
Ich betrachte meine wirklich alt gewordene Haut an der Oberseite meiner linken Hand, die gerade noch das Buch hält oder sich gerade noch am Buch anhält. Es will etwas wie Wehmut aufkommen, aber, Gottseidank! ich bin viel zu müde, auch zu müde für Selbstmitleid. Auch meine persönliche Geschichte ist nur so ein Nebelstreifen, der herumzieht, dabei seine Form verändert und sich bald auflösen wird, wie Milliarden andere auch. Was für eine Freiheit in der Angebundenheit an den Schlaf. Vom Tod will ich gar nicht reden.

Wieder aufgewacht machen mir die Katzen ihre Aufwartung. Unidentifizierte Geräusche aus Traum und Lichtschacht treffen auf mich auf und platzen in meiner Nabelgegend, kugelförmig herangeschwebt wie festere Seifenblasen. Die Rufe der Krähe zur Bestätigung. Am Rande des Gesichtsfeldes scheint meine Wahrnehmung ins Schwarz-Weiß zu verblassen, wie auf schlecht kolorierten Photographien aus dem neunzehnten Jahrhundert.













©Peter Alois Rumpf    Juli 2016                 peteraloisrumpf@gmail.com

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