Mittwoch, 20. Juli 2016

411 Brösel

Ich huste die Brösel meiner zerbrochenen Persönlichkeit in die Umgebung hinaus. Unten kehrt jemand Scherben zusammen. Ich versuche, meine Teilchen wiederzufinden. Ist da etwas im Heulen der Entlüftung? Im Ticken des Weckers? Im Wind? Der könnte ein paar Teilchen wieder ins Zimmer hereinwehen. Fliegen welche mit dem abheulenden Flugzeug davon?

Ich bin längst kein Gefäß mit Sprung mehr, sondern ein zerbrochener Krug. Die Scherben liegen noch irgendwo herum, weil sie noch keiner weggeräumt hat. Ohne Gestalt taumelt mein loser Inhalt nur mehr hin und her, schwankt zwischen links und rechts, oben und unten, vorne und hinten, dreht sich, so herum, anders. Dehnt sich aus, teilt sich, zieht sich zusammen. Aber nicht als ein befreites leuchtendes Wesen, sondern wie etwas in Zeitlupe Ausgespucktes. Bald wird sich das Ganze verloren haben und aufgelöst sein. Das eine vom Boden aufgesaugt, das andere an einem Glasscherben verdunstend, ein weiteres hat sich in einer Lacke aufgelöst, etwas klebt noch länger an einer blühenden Wegwarte. Verteilt, und die Teile werden nichts mehr voneinander wissen, sie werden vergessen haben, daß sie zusammen waren.


(Ist es nicht so: wenn jemand nach einem Unfall oder einem Paragleiterabsturz mit gebrochener Wirbelsäule da liegt, dann kommt doch auch die Rettung und der Schwerverletzte wird weggetragen. Da sagt doch auch niemand: steh auf! Du mußt dir selber helfen! Der wird doch versorgt, und wenn es verheilt ist, dann lernt er wieder gehen, wenn das noch möglich ist, und man hilft ihm dabei.)

















©Peter Alois Rumpf    Juli 2016                 peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite