406 Das Gleiche
Wie soll ich denn das alles noch beschreiben, mir fallen
keine neuen Worte und Bilder mehr ein. Es ist immer das Gleiche; horche, fühle
ich im mich hinein, ist diese Schwere da, etwas Würgendes im Hals, etwas
Ziehendes ums Herz, dieses innerliche Gebunden- und Gefesseltsein, dieses
Wollen und nicht Können, diese Resignation, diese Verzweiflung, diese
Hoffnungslosigkeit.
Nicht, daß das wichtig ist, aber das ist da, wenn ich nach
innen schaue. Ich beschreibe nur, was da ist.
Die zwei Visionäre glurren mich wieder lächelnd an, aber die
sind außen. Außen. Außen. Außen. Die Ruhe vor dem Sturm?
Was höre ich da draußen? Ferne Stimmen? Lache die? Singen
die? Es ist zu weit weg, als daß ich das feststellen kann. Kommen die von der
Straße? Oder aus einem Fenster? Echt oder aus einem Fernseher? Ich kann es
nicht mehr überprüfen, weil eine Entlüftung losgeht und alles überdröhnt. Egal,
es kann ja auch eine Sinnestäuschung gewesen sein, es hat so unglaubwürdig
geklungen. Jedenfalls war mein Geist für kurze Zeit abgelenkt vom inneren
Schmerzreservoir. Ich liege noch ruhig und ratlos da. Es ist zwischen ein und
zwei Uhr nachts.
Ich wundere mich jetzt schon, daß ich morgen wieder aufstehen
werde. Jetzt rettet mich die Müdigkeit.
(Liebe Leserin! Lieber Leser! Wenn dir die ständigen
Wiederholungen meiner Schmerz-, Angst- und Verzweiflungsbeschreibungen schon
auf die Nerven gehen, dann bedenke: du mußt das nicht lesen. Du kannst es jederzeit
wegklicken. Ich schreibe diesen Text in den Computer, während unten im Hof
ständig und wiederholt eine Kettensäge aufheult; oder ein ähnliches Gerät.
Überlege einmal, wie nervend dieses Geräusch ist. Und das ist wirklich ein
aufdringliches Aufheulen. Dahinter muß sich der Schmerz des zivilisierten Teils
der Menschheit verbergen, des Teils, der nicht willens oder nicht in der Lage ist, sich seiner inneren Ängste,
Schmerzen, Verzweiflung zu stellen. In diesem depperten Gerät heult die ganze
verdrängende Menschheit auf, zumindest die der industrialisierten Länder, der
Menschen, die ihr Inneres nicht anschauen können oder wollen und es deswegen
nach außen projizieren. Da heult ihre gequälte Natur, aber weil verdrängt, muß
diese Qual an Natur und Umwelt weitergegeben werden, muß alles in den Höfen,
Gärten, Parks weggeschnitten werden, was
ihren kalten, simplen, erstorbenen Vorstellungen nicht entspricht. Und
nicht etwa in mühsamer, demütiger, in die bearbeitete Natur wahrnehmender und
spürender Handarbeit, nein, sondern motor- und lärmgestützt, vom Energieraub
hochgeputscht, vollgepumpt mit der Benzindroge, oder dem Elektro-Kokain, zack!
zack! weg damit! Weg mit dem störenden Geäst! In einer Art Panik, die eindeutig
aus großen inneren Ängsten kommt. Und weil sie die nicht wahrhaben wollen, muß
die ganze Umgebung beschnitten werden. Darum muß so fanatisch rasengemäht und
unkrautgespritzt werden. Weil die eigene gequälte, beschnittene, zurecht
gestutzte Seele nicht ausgehalten wird. Nein, nein, der ganze Wahnsinn da
draußen kann erst nachlassen, wenn die Menschen bereit sind, nach innen zu
schauen.)
©Peter Alois Rumpf Juli
2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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