353 Wundertäterfragment 19
„Atme in deine Flanken!“ Der Wundertäter atmet in seine
Flanken. „Flanken“, denkt er, „das Wort habe ich schon lange nicht mehr gehört.
Ein schönes Wort eigentlich.“ Er spürt die Dehnung in seinen Flanken, er hält
seinen Körper im Liegen gedreht, wie es die Beste seiner Yogalehrerinnen
angesagt hat. Es zieht ein wenig auf der gedehnten Seite, aber in den Flanken
wird tatsächlich etwas frei. „Je länger ich das Wort vor meinem inneren Auge
anschaue und je länger ich es mir in Gedanken anhöre, desto fremder wird es
mir. Flanken! Flanken. Flan-ken.“
„Und jetzt das Happy Baby!“ sagt die Yogalehrerin. „Ah, wir
sind bald fertig“, denkt der Wundertäter. Das Gefühl, während er am Rücken
liegt, mit den Händen die Füße hält, die Beine spreizt und über die Wirbelsäule
als Achse in eine Schaukelbewegung geht, ist wirklich angenehm.
„Shavasana!“ Am Rücken liegen, die Arme leicht abgespreizt,
Handflächen schauen zum Himmel. Ruhestellung. Totstellen.
„Entspanne deine Füße! - Deine Füße sind entspannt!“
Die Füße des Wundertäters sind entspannt.
„Entspanne deine Beine! - Deine Beine sind entspannt!“
Des Wundertäters Beine sind entspannt.
„Entspanne deine Hüften! - Deine Hüften sind entspannt!“
„Was ist mit Hintern, Eiern und Schwanz?“, denkt sich der
Wundertäter.
Aber die Hüften unseres Wundertäters sind entspannt.
„Entspanne deinen Rücken! - Dein Rücken ist entspannt!“
Des Wundertäters Rücken ist entspannt.
„Entspanne deine Schultern! - Deine Schultern sind
entspannt!“
Die Schultern des Wundertäters sind .... und so weiter mit
Nacken, Oberarmen, Unterarmen, Händen, Fingern, Hinterkopf, Gesicht, Augen,
Kiefer, Zunge …
„Laß deine Gedanken los! Deine Gedanken sind losgelassen!“
Der Wundertäter läßt seine Gedanken los, da – bumm –
explodiert ein wildes, grausames Kriegsvideo in seinem Inneren und bespielt
sein inneres Kino.
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