351 Die Gestalt
Vor mir hängt eine Gestalt. Eine Gestalt, gezeichnet auf
Papier. Ihre linke Seite ist wärmer – gelb! - als ihre rechte – blau! Links –
rechts: von der Gestalt aus gesehen. Im Bauch und im Kopf spielt es sich ab.
Manche Teile des Körpers fehlen. Hauptsächlich am Rumpf. Herz ist ein bißchen
da. Die Finger lösen sich ein wenig auf. Die Füße wirken verkrampft, als würden
sie sich am Boden festkrallen wollen. Ach, ich hab's vergessen: die gezeichnete
Gestalt hängt mit dem Rücken an der Holzwand, aber die originale ist am Boden
gelegen. Am Rücken. Was machen also die verkrampften Füße? Ich weiß es nicht.
Deshalb aber die Druckstellen an Ellbogen, Schultern, Armen, Ober- und
Unterschenkel und an diversen anderen Stellen, da liegt der Köper auf der Erde
auf. Der Körper liegt auf der Erde auf. Die Verbindung zwischen Oberkörper und
Unterleib ist so gut wie abgerissen. Dafür gibt es Ansätze von Flügeln. Nur
angedeutet. Gezeichnet wirken sie ziemlich lächerlich, aber als
Körperempfindung haben sie sich toll angefühlt.
Jetzt fällt es mir erst ein: was ich am Anfang beschrieben
habe, das war gar nicht der Bauch. Nein, das war der Schmerz im Kreuz. Kopf und
Kreuz – das waren die verdichteten Stellen.
Der Bauch fehlt. Der Kopf ist ein richtiger Eierkopf. Um ihn
tanzen Noten; offenbar hört die Gestalt Musik.
Ich erinnere mich: Wellen sind durch mich hindurchgegangen.
Oh! Ich kann sie auch jetzt ein wenig spüren. Die Einatmung bewirkt Ausdehnung,
auch die schickt kleine Wellen von mir aus.
Ich lehne mit dem Rücken zur Wand. Aber das macht nichts.
Ich bin ein Träumer. Träumer können durch Wände gehen. Und über Wasser, auch
wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht.
„Lieber Bürger, wir sind ziemlich falsch verbunden!“ Sagt
eine Stimme.
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