Samstag, 27. Februar 2016

305 Wundertäterfragment 11

„Wundertäter! Was ist ein Größenwahn nach unten?“

„Um das zu klären müssen wir erst einmal untersuchen, was ein normaler Größenwahn, sozusagen ein Größenwahn nach oben ist. Beim Größenwahn macht sich das Ego ein Bild von sich, das übertrieben, überhöht und unrealistisch ist. Es schreibt sich Eigenschaften zu, die es so nicht hat.“

„Warum macht das das Ego?“

„Das Ego hat die Verbindung zur inneren Quelle, zum inneren Wesenskern, der mit dem Transzendenten, dem tragenden Urgrund verbunden ist, verloren. Deshalb fühlt es sich verloren und einsam. Und weil es außerdem von der ganzen Umgebung verlangt, daß es ihm die überhöhten Eigenschaften, die es an sich sehen will, bestätigt, kommt es auch weder mit seinen Mitmenschen, noch mit den anderen Lebewesen in einen wirklichen Kontakt.“

„Wieso hat es den Kontakt zum Urgrund verloren?“

„Im innersten Wesen, im wahren Selbst, sind wir alle mit dem Urgrund verbunden. Das Ego hat das vergessen und sich damit zu etwas Kleinem gemacht und glaubt nun, sich aufblähen zu müssen, um die verlorene Größe zu kompensieren. Verloren hat der Mensch (hebräisch: adam) diese Verbindung, als er sich für die Unterscheidung von gut und böse entschieden hat, und darum hat er auch den Paradieszustand des stillen Wissens verloren. Das kannst du alles bei Castaneda nachlesen.“

„Das Ego ist kleiner als das wahre Selbst?“

„Ja, und alle seine größenwahnsinnigen Phantasien, auch die aufgeblasensten, sind viel erbärmlicher als das wahre Selbst. Der Mensch ist in seinem wahren Selbst unendlich größer als alles, was sich das Ego ausdenken kann. Das Ego reicht nie an des wahre Selbst heran.“

„Kann das wahre Selbst Wunder wirken?“

„Du hast gut aufgepasst, das ist eine sehr gute Frage! Ja. Genauer gesagt, es erlaubt den Wundern, durch es hindurchzuwirken. Im wahren Selbst sind alle Wundertäter.“

„Wow! Und wie ist das nun mit dem Größenwahn nach unten? Ich glaub, ich ahne es schon.“

„Genau gleich. Während der Größenwahn nach oben sagt: ich bin der Beste, der Tollste, der Schönste, der Reichste, der Sieger und so weiter, sagt der Größenwahn nach unten, daß er der Schlechteste, der Mieseste, der Häßlichste, der Ärmste, der größte Versager aller Zeiten und so weiter ist. Aber es ist genau das gleiche Ego, das sich da aufbläst, nur – scheinbar – in die andere Richtung. Das Ganze hat exakt die gleiche Struktur, das gleiche Muster. Da ist kein Unterschied.“

„Ja, ja! Ich glaube, ich verstehe es! Da ist gar kein echter Gegensatz zwischen „positiv“ und „negativ“ Aufgeblasenem; beide sind einsame, isolierte Egos.“

„Ja, genau. Beide Egos haben den Kontakt zum wahren Selbst verloren. Wobei diese Verbindung nie ganz abgerissen ist. Der Mensch braucht nur seinem wahren Selbst erlauben, wieder in den Vordergrund zu treten.“

„Warum machen wir das nicht?“

„Weil wir uns meistens mit dem Ego identifizieren und es nicht loslassen wollen. Wir klammern uns an und verstecken uns hinter seiner erstarrten Maske, weil das wahre Selbst nicht mehr hindurchtönt.“

„Ich beginne zu begreifen! Danke, Wundertäter!“

„Aber gerne! Frag nur, wenn du wieder Fragen hast. Ich rede und erkläre gerne; ich liebe es, zu lehren.“













©Peter Alois Rumpf  Februar 2016    peteraloisrumpf@gmail.com


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