Dienstag, 22. Oktober 2024

3832 Der edle Trinker

 



Sagen wir: zirka 11:00 a.m. (Ich habe hoffentlich mein Handy zu Hause vergessen und es ist nicht auf dem Weg hierher verloren gegangen.) Ein bißchen tumb sitze ich nun da in meinem Lieblingscafé; ein grauer Herbsttag draußen. Eine Wahrnehmungsmelancholie bemächtigt sich meiner; will sagen: nichts scheint mir interessant genug, es richtig anzuschauen oder zu beschreiben. Am toten Punkt. Zumindest ein Patt zwischen ich weiß nicht wie vielen und welchen Kräften und Eindrücken. Nicht unangenehm, aber ein wenig freudlos (Du machst mir jetzt keinen Scherz über Sigmund Freud! - der innere Korrektor). Die barmusikartige Boxenmusik passt auch gut zum Versuch (die barbus … nein, aus! Das dulde ich nicht! - der innere Korrektor), sich im Funktionalen unterm entleerten Himmel zurechtzufinden und heimisch zu machen. Fehlt nur noch der Whisky; aber da möge Gott abhüten! Der edle Trinker, das wäre doch was! (gibt’s den überhaupt?) Ich bleibe bei der Droge Kaffee und wäre Cannabis legal, dann gelegentlich dort, vielleicht, wenn überhaupt. Stille. Plötzlich keine Musik; wie das die Konturen verändert! Ah! Jetzt kommt sie wieder, eine jazzige Frauenstimme. Mein Blick fällt auf meine altersfleckenübersäte linke Hand, die das Notizbuch flach und schräg auf die Tischkante drückt, auf dass es beim Beschreiben nicht verrutsche, und löst schon etwas Unbehagen aus. Auch hier im Lokal mache ich mich manchmal ein wenig lächerlich, jedoch nichts, das nicht verziehen werden könnte. Aber nervös werde ich schnell. Und jetzt unruhig, weil plötzlich viele Gäste hereinkommen und ich mich zu schämen beginne, dass ich zu viel Platz einnehme, mehr als mir und meiner Konsumation zusteht. Noch halte ich mich. Und ich wage es sogar, meinen Platz unbeaufsichtigt zu lassen und aufs Klo zu gehen. „Danke!“ habe ich unhörbar gemurmelt, als mir einer, der sich gerade die Hände gewaschen hat, den Weg ins Pissoir freigemacht hat, indem er in der Enge ein wenig zur Seite getreten ist, und am Rückweg zu meinem Platz, der wie zu erwarten frei geblieben ist, habe ich mir noch eine kleine Zeitung vom Zeitungsständer mitgenommen. Die werde ich jetzt skeptisch durchblättern.

So! Alles über das heutige Sturmspiel gegen Sporting Lissabon gelesen (fällt bei den Wiener Zeitungen, die sich gerne gesamtösterreichisch geben, ziemlich unter den Tisch). Die Musik ist jetzt soulig. Manchmal wehen mich noch so nebelschwadenartige Lebenslustanwandlungen, die durch das Lokal ziehen, an, aber bevor ich notorischer Zauderer sie einatmen kann, haben sie sich aufgelöst (ich bin schon eher simpel gestrickt). Und wenn ich vom Sitzen aufstehe, merke ich sowieso, dass ich ein alter Mann bin. Wenn ich dann ein paar Schritte gegangen bin, geht es wieder und ich kann mich als jünger einbilden (gegangen bin – geht es – ist das nicht ein wenig redundant-tautologischer Unsinn? - der innere Spötter). Ich spüre, dass ich bald gehen werde, einfach, weil es genug Abenteuer ist und ich nach Hause in mein Zimmer will – vielleicht wieder ein paar Schritte ein Stück des Weges zu Fuß? Den Cappuccino trinke ich noch aus, obwohl ich schon sehr hochgezwirbelt bin. Nur nichts verkommen lassen! (außer das eigene Leben – der innere Spötter). Ich geh jetzt. Ich muß ja nachschauen, ob mein Handy eh zu Hause herumliegt (tu nicht so künstlerisch-konfus-locker! Du weißt genau, wo du es immer hinlegst – der innere Spötter).


(22.10.2024)


©Peter Alois Rumpf Oktober 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite