Donnerstag, 3. Oktober 2024

3801 Fffhhhmmm

 



12:42. An meinem Arbeitsplatz im Espresso Burggasse. Rundherum für mich gemütliche Geschäftigkeit und sonst Lesen und Reden. Der Blick im Spiegel zeigt mir wieder das an die Wand gestellte Weinregal und wenn die Lokaltür geöffnet wird, auch diese selbst im geöffneten Zustand. Warum das interessant und überlieferungswürdig ist? Keine Ahnung! Die Wege Gottes sind unergründlich. Denn: warum geschieht alles so, wie es geschieht, inklusive der Tatsache, dass ich das aufschreibe? Die zweibirnige Lampe in der Fensternische drüben ist sehr schön; ich mag meistens die alte Modernität. Übrigens: die Tafel an der Wand wurde offensichtlich nicht mit Kreide beschriftet, sondern mit einem Ankündigungsplakat behängt (mittels Tixo). (Ankündigung zu einer Sauerbierverkostung.) Ich mag diesen Raum – ich sitze im ersten – mit seinen großen, Auslagenfenstern zur Straße hin und dort mit der geschickt der stark befahrenen Burggasse abgeluchsten Grünfläche mit Schanigarten, den ich jedoch nie benütze, weil ich lesen und schreiben in geschlossenen (nicht verschlossenen) Räumen in Analogie zur Sprache bevorzuge. Das alles ändert nichts daran, dass ich völlig aus der Zeit gefallen bin und hier so eine Art Asyl gefunden habe, die Illusion von Öffentlichkeit und Resonanz. In Wirklichkeit verstehe ich auch hier wie überall sonst nicht, was geschieht. Aber fürchten tu ich mich hier nicht! Und das ist schon was!

Das Lokal ist heute recht voll. Im Spiegel erscheint nun ein Kopf, aber der ist wohl nicht von einem Scout eines anorganischen Lebewesens, sondern der der Frau, die vor dem Spiegel sitzt. Ein Hund ist auch in die Schenke (pardon!) gekommen. Die Menschen hier sind alle lebenstüchtiger als ich, aber ich lese besser wieder in einer Zeitung, als da weiterzumachen. Ablenkung ist alles.

13:43. Fffhhhmmm! Ein Schnaufer! Die kleine Schnittenpackung (als Beigabe zum Cappuccino) halte ich beim Öffnen über den Abgrund zwischen den Tischchen, auf dass die Brösel zu Boden fallen und nicht auf meinen Tisch. Im Spiegel – das sehe ich erst jetzt – bemerke ich etwas, das ich überhaupt nicht zuordnen kann. Nach längerer optischer Analyse und gedanklicher Anstrengung komme ich zum Schluß, dass das die Rückseiten von auf die drübere Fensterscheibe aufgeklebten Pickerl sein könnten – eine Vermutung, auf die ich über die Betrachtung der nun geöffneten Eingangstür, die auch mit Aufklebern bepickt ist, gekommen bin. Soweit zum permanenten Erkenntnisfortschritt im Universum und in der menschlichen Geisteswelt. Beim Versuch, vom roten Notizbuchbandl einen abstehenden Faden abzuzupfen – was natürlich nicht gelingt, weil der in selbigen eingewebt ist – habe ich das schöne Bandl aufgesplisst, in gewisser Weise verlängert, weil jetzt dieser Faden, an den ich gezogen habe, in einem an sich schönen roten Zickzack weit über das vorgesehene Ende des Bändchens hinaushängt. Als Wiedergutmachung ans Universum habe ich dem Augustinverkäufer ein Exemplar der Zeitung abgekauft. Dann bin ich auf die Toilette gegangen und jetzt nach der Rückkehr bin ich ratlos und werde heimgehen, denke ich.


(3.10.2024)


©Peter Alois Rumpf Oktober 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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