Samstag, 23. März 2024

3607 Der Bruckner haut rein

 



Der Wind zerrt an den eh eingerollten Markisen, der Regen hat sein Geplätscher vorläufig eingestellt und nur seine Hinterlassenschaft tröpfelt noch ein wenig von den Dächern. Via Plattenspieler haut der Bruckner ordentlich rein und streicht ergriffen und versöhnlich über verschiedene Saiten (ein Musikkenner ist er nicht – der innere Kritiker). Auf der Straßen schleichen nur vereinzelte Menschen die Hausfassaden entlang. Es ist 15:51 und der Tag scheint sich schon neigen zu wollen, dabei hat er schon noch Zeit. Die drei kahlen Säulengleditschien wackeln wild im Wind als hätten sie Gleichgewichtsstörungen; eine der drei hält einen Plastikfetzen in den starken Luftstrom und hält ein langes, langes Plastikband ganz unten an ihrem Stamme fest und läßt es nicht weiterfliegen. Auch die Sonntagszeitungsständertaschen tanzen im Wind, allerdings in sehr eingeschränkter Manier. So richtig geht mir heut der Bruckner nicht auf; nur passagenweise (ein Musikkenner ist er nicht – der innere Kritiker). Dafür gibt es am Abend Fußball im Fernsehen. Ein wenig auf erschöpft machend lasse ich mich wieder auf die Bank plumpsen und schaue der Schallplatte beim Sich-Drehen zu. Im Musikzimmer dämmert es trotz strassenseitigen Fenstern schon recht. Der graue Himmel erscheint mir wie gemalt (bei einer solchen Verdrehung kann ich ihn nur auslachen – der innere Spötter). Nun bin ich mehr bei der Musik; der zweite Satz ist mir zugänglicher (ich bin wirklich ungebildet – der innere Bekenner). Ein Sprung ist in der Platte. Die Straße unten ist menschenleer, naß und windstill. Es regnet leicht. Ich zünde ein Teelicht an. Das Plastikband, das von der einen Säulengleditschie festgehalten wird, hat sich ziemlich genau nach Süden ausgerichtet. Jetzt ist wieder Wind aufgekommen. Das Teelicht macht einen Unterschied. Geist und Gemüt werden ungeduldig (bei den Zuhörern auch? - der innere Spötter). Auf der Straße kracht irgendein Lärm. Baustelle? Jetzt auf einmal? Ich gehe zum Fenster, kann jedoch nicht bis dort hin sehen. In einem Fenster ganz oben an diesem Haus dort in der Gassen sehe ich die Äste eines gespiegelten Baumes hüpfen, während die eingerollte Markise immer noch versucht, sich loszureißen. Die zwei Meter hohen Pflanzen im Musikzimmer stehen gekrümmt da und neigen sich demütig zum Fenster.


(23.3.2024)


©Peter Alois Rumpf März 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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