Samstag, 5. August 2023

3335 Der Tee hat lange genug gezogen

 



Seggauberg 5:02 a.m. Ich wache auf. Etwas ist anders. Mir fällt es verschlafen nicht sofort auf; dann: kein Autoverkehr. Kein einziges Auto. Ich gehe aufs Klo und höre durch das gekippte Fenster die Kirchturmuhr Frauenberg 5 Uhr schlagen. Sind die Straßen wegen Überschwemmung gesperrt? Die Stille ist köstlich, wahrlich köstlich. Meine Frau steht zum Yoga auf und putzt sich mit der elektrischen Zahnbürste die Zähne und bricht somit die Stille (auch ich verwende den elektrischen Strom für die Nachttischlampe zum Schreiben). Es regnet stark. Ich öffne die Wohnungstür und schaue hinaus. Ein Auto höre ich jetzt. Es schüttet richtig. Draußen versinkt alles in Regen und Nebel. Es ist wieder still bis auf die Regensymphonie, die jedoch die Stille stärkt. Meine Frau geht hinaus und geht in den trockenen Stadel, um dort ihr Yoga zu machen. Auch ich werde jetzt laut sein und mir einen Tee machen, denn ich habe Durst. Während das Wasser im elektrischen Wasserkocher zu brodeln beginnt, höre ich eine ferne Sirene. Vielleicht ist die Stille bloß uhrzeitbedingt oder des Samstages wegen, aber es dürfte schon Überschwemmungen geben (Richtig! Die Brücken über die Sulm sind alle überschwemmt, wie ich später feststellen konnte. Der Tipper). Als ich die Teebeutel mit dem kochenden Wasser übergießen und dabei an den Papierblättchen festhalten will, damit mir die nichts ins Teewasser rutschen, merke ich, wie steif und ungeschickt meine Finger sind, die die zwei Papierblättchen der zwei Teebeutel kaum halten können.

5:39 a.m. Draußen wird es schon heller; ich kann im Fenster die ausgeschnittene Kontur der Landschaft sehen und höre ein Auto und den Kühlschrank brummen. Dann ist das Auto weg und der Kühlschrank mit seiner Aktivitätsphase fertig und es ist wieder regenstill. Ich seufze tief und gaffe aufs grau erleuchtete Fenster. Dann steh ich vom Bett auf, denn der Tee sollte jetzt lange genug gezogen haben. Eine nahe Sirene geht an.

Ich habe nun das Licht abgedreht und hocke in der schönen, grauen Stille. Einzelne Autos fahren schon. Ich höre eine ferne Sirene. Jetzt ist es absolut still. Auch der Regen hat aufgehört und macht eine Pause. Irgendwo tropft es noch ein wenig und eine Taube gurrt.

(5.8.2023)

Peter Alois Rumpf August 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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