Freitag, 4. August 2023

3332 Unzulässige Mystifizierung

 



18:24 Ein nervöser Hund kläfft in einem Garten auf der anderen Seite der Straße. Unter dem großen Weingarten links am anderen Ufer der Sulm grasen Schafe. Jetzt, nach dem Regen, stehen die Bäume ziemlich still. Der Himmel ist von einer grauen Wolkendecke, meistens in Streifen gewellt, überzogen. Meine Einfallslosigkeit wird zum Problem. Ein gewisser Frust kann nicht geleugnet werden. Jetzt lehne ich mich auf der Gartenbank zurück. So ist es besser. Der Blick von oben auf die Straße hat etwas Überlegenes; die vielen Autos wirken wie eingedrückte Käfer, die auf Schienen laufen, wenn sie den gegenüber liegenden Hang herabkommen. Oder: als würde jemand elektrische Autobahn spielen; irgendwo sitzen sie und drücken die Knöpfe der Spielkonsole. Die zwei Fußgänger wirken auch wie Marionetten. Gott, bin ich müde! Ich fühle mich geistig zersetzt. Jetzt kommt eine Fußgängerin , die richtig lebendig und beherzt ausschreitet. Oder ist das doch ein Fußgänger? Die nächsten zwei: auch federndes Ausschreiten. Haben die Spieler an ihren Konsolen meinen Text mitgelesen und den Bewegungsablauf ihrer Marionetten korrigiert? Autos kommen jetzt auch keine. Jetzt kommen sie wieder. Bei denen hat sich nichts geändert. Die meisten Verkehrsteilnehmer schleichen in Bereichen herum, die ich kaum einsehen kann. Oft sehe ich nur Autodächer auf den Straßen links und rechts unter mir vorbeigleiten, oder Fußgängerköpfe. Gerade die Fußgänger sind mir rätselhaft: gehen auf den Straßen zuerst in die eine, dann in die andere Richtung, wechseln die Straßenseite, winken ein Auto heran und lassen es dann weiterfahren. Oder gehen plötzlich auf der Straße und ich habe sie nicht kommen gesehen. Oder gehen auf der Straße und sind plötzlich verschwunden. Die Dämmerung beginnt schon und das viele Grün leuchtet stärker und im Dunklen heller hervor. Es ist hier kein Ortskern oder so, was machen da die Leute? Sie wirken hobbylos. (Stopp! Unzulässige Mystifizierung! Es gibt hier ein einsames Restaurant; das kann einiges erklären.) Eine Amsel ruft. Jetzt sind keine Fußgänger mehr unterwegs. Nur im Westen ballen sich die grauweißen Wolken. Die Schafe verlassen die Wiese unterm Weingarten. Manchmal sehe ich etwas sich bewegen, wo nichts ist. Ein Fußgänger. Der steht nur am Straßenrand. Okay, jetzt geht er zum einsamen Restaurant. Der Kirchturm schlägt sieben Uhr Sommerzeit. Wenn mich nicht alles täuscht ist das, was nun kommt, das Angelusläuten. Komm! Bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.

(3.8.2023)

Peter Alois Rumpf August 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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