3329 Der Herr der Fliegen

 

Der Herr der Fliegen hat es auf mich abgesehen und schickt mir immer mehr seiner Gefolgsleute bei der offenen Tür herein. Aber ich gehe nicht aus der Wohnung, solange draußen Rasenmäher und Motorsensen wüten. Und die Fliegen gehören doch zu einem richtigen Sommernachmittag ohne größere Höhepunkte; sie sind ja die Freunde der Langeweile. Fast wäre ich eingeschlafen, aber dann hat sich mein Kreuz gemeldet und ich habe mich mühsam aufgerichtet und mich in Schmerzen erhoben. Das gelbe Sonnenlicht dort links an den Bäumen und Sträuchern des Waldessaums erschafft diese wehmütige Magie des späten Nachmittags. Die Kirchturmuhr schlägt sechs – wegen des Verkehrslärms habe ich die vier kleinen Schläge vorher gar nicht gehört. Man kann also schon vom frühen Abend reden. Ständig kommt mir vor, rechts von mir, gerade noch aus den Augenwinkeln erfaßt, steht eine Gestalt. Ich schaue nicht hin, denn dann würde sie verschwunden sein; sie existiert zurzeit hier auf Erden nur in meinen Augenwinkeln. Im Gegenteil: ich blicke wieder ganz nach links zu der unglaublichen optischen Stille am Waldrand im späten Sonnenlicht. Nicht einmal die asphaltierte Straße dort, das herausgeputzte Gebäude und die zwei Verkehrstafeln können diese Stille stören. Die Gestalt rechts trägt irgendetwas Blaues, vor dem ich jedesmal erschrecke. Gut, jetzt habe ich den telephonischen Auftrag erhalten, einen Topf Nudeln zu kochen. Aber nicht von der rechten Gestalt, sondern von Frau und Tochter. Ich tue wie mir angesagt.

Auf unseren Urlaubsehebetten sitzt je eine Fliege und rührt sich nicht. Zunächst. Als ich beim nächsten Mal hinschaue haben sie ihre Positionen zueinander verändert, aber sitzen wieder bewegungslos. Was soll das? Will mir der Herr der Fliegen etwas mitteilen? Eine neue, bisher unbekannte Stellung offenbaren? Freundchen! Bei solchen Sachen und überhaupt bin ich einfach zu blöde! Das muß mir irgendwie deutlicher kommuniziert werden.

(2.8.2023)

Peter Alois Rumpf August 2023 peteraloisrumpf@gmail.com