Mittwoch, 22. Februar 2023

3097 Hinterhof

 

7:58 a.m.  Meine Ohrensurrerei erweist sich heute als sehr lebendig und von variantenreicher Monotonie. Zuerst sticht es in der rechten Ferse, und als das vorbei ist im Herzbereich. Dann verändert sich das Phänomen zu einem ziehenden Druck in der Gegend zwischen Oberlippe und Nase. Unten beginnt der Alltag. Ich schlafe in meiner Hockposition ein. Jetzt aber will ich mich flachlegen.

12:05.

13:04.  Ich muß etwas schreiben! Ich kann die Stelle nicht auch noch leer lassen, wie ich es schon bei 12:05 getan habe. Ich probier’s im Atelier beim großen, hellen Fenster: draußen ein grauer Glanz, also wolkiges Sonnenlicht; die Essigbäume in grauer Rinde, der Weidenbaum wirkt fast schwarz, wie er seine Zweige vorm grauweißen Himmel streckt. Er merkt es, dass ich ihn anschaue und darüber schreibe, denn jetzt bewegt er grüßend seine Zweige (ich sehe nur den jüngeren Teil seiner Krone, den der über das Nachbarhaus ragt). Auch hier und nun surren die Ohren und mein Herz wirkt ein wenig bedrückt. Jetzt kommt direkteres Sonnenlicht durch und die Äste und Zweige der Essigbäume ziehen glänzende Streifen und Muster auf. Die Häusermauern leuchten in zart und schön und zärtlich schwächelndem Sonnenlicht und zeigen die bläulich grauen Schatten der kahlen Äste der Essigbäume, an denen mir erst jetzt auch ein rötlicher Farbton auffällt. Die Wolken verdecken wieder die Sonne zur Gänze, keine richtigen Schatten mehr, kein Glänzen, das sich von selbst aufdrängt. Jedoch auch so eine verhalten schöne, im Geheimen und erst auf den zweiten oder dritten Blick sehr intensive – der Blick muß bereit sein, sich noch mehr zu öffnen – zarte Farblandschaft in unserem Hinterhof.

 

(22.2.2023)

©Peter Alois Rumpf  Februar 2023   peteraloisrumpf@gmail.com

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