3050 Haun
Ungewöhnlicherweise sitze ich zum Schreiben tatsächlich am
Schreibtisch. Die Red Hot Chili Peppers im Kopfhörer starre ich auf meinen
Tischkalender. „14h Haun“ steht für Montag da: das ist kein Schlägerei-,
sondern mein Therapietermin. Und „D.:B.B.“ für Donnerstag hat nichts mit Brigitte Bardot zu
tun, sondern ist der Operationstermin meiner Frau bei den Barmherzigen Brüdern.
Dahinter das spinnwebenbehängte Fenster in den Lichtschacht mit Einblick in den
gegenüberliegenden Flur. Mein Kopf spiegelt sich wegen der gegebenen
Lichtverhältnisse undeutlich im Fensterglas in Gemeinschaft mit einigen
Ingredienzien vom Schreibtisch und aus der Räumlichkeit dahinter. Von Zeit zu
Zeit nehme ich einen kleinen Schluck kalten Kaffee und horche von Zeit zu Zeit
wieder konzentriert auf die Musik. Ich hebe die Augen und nehme den schwarzen
Holzraben mit seinem fälschlicherweise gelben Schnabel in den Blick, der jedoch
beiläufig und uninteressiert bleibt. Ich singe bei der Schlußsequenz von Bag of
Grins mit versagender, daneben geratender Stimme mit, erlebe aber dabei
trotzdem ein paar gelungene Passagen meiner Singerei und ein paar zerbrechliche
Glücksmomente. Tränen steigen mir in die Augen, aber brechen nicht aus. Nie und
nimmer. Ich liebe mein Zimmer: mit all seinen Spuren des Lebens, der Abnützung,
den schrundigen Wänden, meinen angetackerten Glücksversuchen, dem Staub, den
vergessenen Heilungsversuchen und ihre Überbleibsel, den Zeichnungen meiner
liebenden Kinder, mit der von meinem Platz aus gesehen andächtig aufragenden
Bücherwand, dem Papier- und Kabelchaos am Schreibtisch, dem kleinen, aber
aktuellen CD-Stapel daneben, dem ganzen unaufgearbeiteten Kram, und – ich
betone es nochmals – mit den schönen, zarten und graphisch so ansprechenden
Spinngewebe. Bei In the Snow versuche ich wieder mitzusingen respektive
mitzulallen (lalala).
(13.1.2023)
©Peter Alois Rumpf Jänner
2023 peteraloisrumpf@gmail.com
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