3019 Bücherei
Ich sitze in der Bücherei beim großen Fenster mit der
schönen Aussicht nach Norden. Wird mir was einfallen? Ich sollte vom Anblick
ergriffen sein und die Ideen sollten nur so sprudeln, aber ich bin lau und
leicht degoutiert; die Winterjacke, die ich als jemand, der in der Welt draußen
ständig in Fluchtbereitschaft ist, der ständig erwartet, dass man ihm alles
wegnimmt und glaubt, sich dessen nicht derwehren zu können, nie ausziehe, ist
mir unangenehm schwer und zu warm. Schon klopfe ich leise mit dem linken Fuß
auf den Boden, wie ein nervöses Pferd, scharre schon in den … was? Löchern? …
der Geruch des Fußbalsam von heute Früh trotz mehrmaligem Waschen noch an den
Fingern und in der Nase. Etwas nach links gebeugt lehne ich da auf der bequemen
gepolsterten Bank in der zweiten Reihe zum Großen Fenster hin. Wider Hoffnung
und Erwartung kommt keine poetische Stimmung auf. Ein großer Schwarm Tauben
vollführt in der Luft einen nervösen Massendrehtanz, ehe sie aus meinem
Gesichtsfeld verschwinden (Eben! Fühlen sie wie ich?). Gott mit ihnen!
Der Stadtbahngraben für die U6, wie sie heute heißt. Stadt
hat schon etwas. Man müßte die Autokolonnen als extraterristische Wesen sehen
lernen; oder zumindest als von Aliens gesteuerte Lebens-, nein, Funktionsformen.
Gut! Brav! Hast ein paar Zeilen geschrieben. Ich pack
zusammen, gehe den langen Marsch von ganz hinten durch die Bücherregale nach
ganz vorne zu den Bordcomputern und gebe die ausborgungswilligen Bücher in das
Büchereisystem auf meinen Namen hin ein und ab heim in meine Kemenate!
(15.12.2022)
©Peter Alois
Rumpf Dezember 2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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