Donnerstag, 15. Dezember 2022

3019 Bücherei

 

Ich sitze in der Bücherei beim großen Fenster mit der schönen Aussicht nach Norden. Wird mir was einfallen? Ich sollte vom Anblick ergriffen sein und die Ideen sollten nur so sprudeln, aber ich bin lau und leicht degoutiert; die Winterjacke, die ich als jemand, der in der Welt draußen ständig in Fluchtbereitschaft ist, der ständig erwartet, dass man ihm alles wegnimmt und glaubt, sich dessen nicht derwehren zu können, nie ausziehe, ist mir unangenehm schwer und zu warm. Schon klopfe ich leise mit dem linken Fuß auf den Boden, wie ein nervöses Pferd, scharre schon in den … was? Löchern? … der Geruch des Fußbalsam von heute Früh trotz mehrmaligem Waschen noch an den Fingern und in der Nase. Etwas nach links gebeugt lehne ich da auf der bequemen gepolsterten Bank in der zweiten Reihe zum Großen Fenster hin. Wider Hoffnung und Erwartung kommt keine poetische Stimmung auf. Ein großer Schwarm Tauben vollführt in der Luft einen nervösen Massendrehtanz, ehe sie aus meinem Gesichtsfeld verschwinden (Eben! Fühlen sie wie ich?). Gott mit ihnen!

Der Stadtbahngraben für die U6, wie sie heute heißt. Stadt hat schon etwas. Man müßte die Autokolonnen als extraterristische Wesen sehen lernen; oder zumindest als von Aliens gesteuerte Lebens-, nein, Funktionsformen.

Gut! Brav! Hast ein paar Zeilen geschrieben. Ich pack zusammen, gehe den langen Marsch von ganz hinten durch die Bücherregale nach ganz vorne zu den Bordcomputern und gebe die ausborgungswilligen Bücher in das Büchereisystem auf meinen Namen hin ein und ab heim in meine Kemenate!

 

(15.12.2022)

©Peter Alois Rumpf  Dezember 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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