2616 Augarten
Rosa – mir graut – rosa. Mein rosa Pilotstift schreibt in
Wirklichkeit blau. Ich sitze an der Augartenmauer (ein Wunder, dass ein
Sonnenbänkchen gleich neben dem Sperling frei ist – mit meiner Frau habe ich
halt Glück – obwohl gar keine Spatzen zu sehen sind), denn ich wollte als
unverbesserlicher Nachtmensch und Stubenhocker heute seit langem wieder einmal
in die Sonne. Zufällig startete auch meine liebe Frau zum selben Zeitpunkt aus
den gleichen Gründen dorthin, was sie – im Gegensatz zu mir – sehr oft macht
und so überlasse ich – wie es bei uns meist üblich ist – ihr das Kommando.
Sie führt mich auf den breiten Weg zum Augartenporzellan, um erst durch die kleine
Pforte in den Gartenbereich der Anlage zu treten. Ich mag diesen Bereich beim
Porzellan nicht – ich bin wenn auf bloß als Besucher dort stark von der
Schillerplatzarroganz beträufelt – im Gegensatz zu ihr, die auf der Angewandten
studiert hat – und auf dem Weg zur – wie es in schwer verständlichem
Familienjargon heißt: „Schihütte“ - das hat mit der windgeschützten Mauer dort
im Sonnenschein zu tun, wo es auch im Winter - wie an einem sonnenstrahligen
Schitag an der Südseite einer Schihütte - angenehm warm sein kann – als wir
also zur Südwand der Augartenporzellan vulgo „Schihütte“ wandern, registriere
ich bei den allerbeschnittesten Bäumchen, die links und rechts in exakten
Reihen Spalier stehen, dass deren Spitzen zum Teil fehlen, zum Teil nach
rechts, zum Teil nach links neigen und nur wenige aufrecht stehen.
Erst jetzt, nachdem ich meinen voluminösen Einleitungssatz
notiert habe, habe ich die Zeit, auf die vielen Passanten und – und wie ich
glaubhaft unterstelle: Sonnenanbeter und Peterinnen zu achten. Ein Läufer und
eine Läuferin reklamieren sich auch schnell in den Text. Die vielen Kinder –
laufend, spielend, radelnd, schotterschaufelnd – werden eh bekannt und
vermutet sein. Jetzt bekämpfen gerade ein Bub und ein Mädchen mit ihren
Sandschaufeln einen solchen Nadelbaumkegel, indem sie zuerst auf ihn mit ihren
Plastikschaufel eindreschen und dann mit Schotter beschaufeln. Ich dreh mich
nach rechts nach dem Bäumchen und schau es an – ich bin zwar ein schlechter
Baumflüsterer und Bäumchenlauscher – ich höre kein Gras, höchstens die Gaspreise wachsen - aber ich denke, es erträgt diese kindliche
Attacke gelassener als die ständige professionelle Schnitzel- und Stutzerei
(die Barocke ist schon von kranker, entarteter Rationalität und dekadenter
Psychotik). Miteinander im typischen
gym-nasialen Hochwienerisch sprechende Bobomütter gibt es auch en gros und en
detail. Die Jogger sind mir außen und -innen zu schnell: bis ich die Musterung
an der Rückseite der Laufdress beschrieben habe, sind die schon an der anderen
Seite des Garten Au. Eine Läuferin steht da drüben am Rasenrand und so kann ich
– meine Frau ist schon nach Haus zur Arbeit gegangen – festhalten, dass ihr
Hintern wohlgeformt ist. Anima forma corporis. Dann, nachdem sie diese kleine Kurvenwelle in diesem Text hinterlassen hat, hustet sie kurz und läuft weiter. Ah! Die
ganzen Hunde und Hündinnen nicht vergessen! Ob läufig oder nicht, an Leinen und
Befehlssträngen – ob bettelnd oder streng. Aber trotzdem, du Zweiter Joseph,
danke Ihnen, dass ich hier sitzen darf und die republikanische Bundeselli uns
den Augarten nicht mehr sperrt.
(14.3.2020)
©Peter Alois Rumpf März 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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