Montag, 14. März 2022

2616 Augarten

 

Rosa – mir graut – rosa. Mein rosa Pilotstift schreibt in Wirklichkeit blau. Ich sitze an der Augartenmauer (ein Wunder, dass ein Sonnenbänkchen gleich neben dem Sperling frei ist – mit meiner Frau habe ich halt Glück – obwohl gar keine Spatzen zu sehen sind), denn ich wollte als unverbesserlicher Nachtmensch und Stubenhocker heute seit langem wieder einmal in die Sonne. Zufällig startete auch meine liebe Frau zum selben Zeitpunkt aus den gleichen Gründen dorthin, was sie – im Gegensatz zu mir – sehr oft macht und so überlasse ich – wie es bei uns meist üblich ist – ihr das Kommando. Sie führt mich auf den breiten Weg zum Augartenporzellan, um erst durch die kleine Pforte in den Gartenbereich der Anlage zu treten. Ich mag diesen Bereich beim Porzellan nicht – ich bin wenn auf bloß als Besucher dort stark von der Schillerplatzarroganz beträufelt – im Gegensatz zu ihr, die auf der Angewandten studiert hat – und auf dem Weg zur – wie es in schwer verständlichem Familienjargon heißt: „Schihütte“ - das hat mit der windgeschützten Mauer dort im Sonnenschein zu tun, wo es auch im Winter - wie an einem sonnenstrahligen Schitag an der Südseite einer Schihütte - angenehm warm sein kann – als wir also zur Südwand der Augartenporzellan vulgo „Schihütte“ wandern, registriere ich bei den allerbeschnittesten Bäumchen, die links und rechts in exakten Reihen Spalier stehen, dass deren Spitzen zum Teil fehlen, zum Teil nach rechts, zum Teil nach links neigen und nur wenige aufrecht stehen.

Erst jetzt, nachdem ich meinen voluminösen Einleitungssatz notiert habe, habe ich die Zeit, auf die vielen Passanten und – und wie ich glaubhaft unterstelle: Sonnenanbeter und Peterinnen zu achten. Ein Läufer und eine Läuferin reklamieren sich auch schnell in den Text. Die vielen Kinder – laufend, spielend, radelnd, schotterschaufelnd – werden eh bekannt und vermutet sein. Jetzt bekämpfen gerade ein Bub und ein Mädchen mit ihren Sandschaufeln einen solchen Nadelbaumkegel, indem sie zuerst auf ihn mit ihren Plastikschaufel eindreschen und dann mit Schotter beschaufeln. Ich dreh mich nach rechts nach dem Bäumchen und schau es an – ich bin zwar ein schlechter Baumflüsterer und Bäumchenlauscher – ich höre kein Gras, höchstens die Gaspreise wachsen - aber ich denke, es erträgt diese kindliche Attacke gelassener als die ständige professionelle Schnitzel- und Stutzerei (die Barocke ist schon von kranker, entarteter Rationalität und dekadenter Psychotik).  Miteinander im typischen gym-nasialen Hochwienerisch sprechende Bobomütter gibt es auch en gros und en detail. Die Jogger sind mir außen und -innen zu schnell: bis ich die Musterung an der Rückseite der Laufdress beschrieben habe, sind die schon an der anderen Seite des Garten Au. Eine Läuferin steht da drüben am Rasenrand und so kann ich – meine Frau ist schon nach Haus zur Arbeit gegangen – festhalten, dass ihr Hintern wohlgeformt ist. Anima forma corporis. Dann, nachdem sie diese kleine Kurvenwelle in diesem Text hinterlassen hat, hustet sie kurz und läuft weiter. Ah! Die ganzen Hunde und Hündinnen nicht vergessen! Ob läufig oder nicht, an Leinen und Befehlssträngen – ob bettelnd oder streng. Aber trotzdem, du Zweiter Joseph, danke Ihnen, dass ich hier sitzen darf und die republikanische Bundeselli uns den Augarten nicht mehr sperrt.

 

(14.3.2020)

©Peter Alois Rumpf  März 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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