Montag, 14. März 2022

2615 Morgencurcumalatte

 

Es klopft dumpf an meiner Tür, aber ich mache nicht auf; ich schlafe noch und bin noch in meinem zerrissenen Pyjama. Ich setze mich auf und versuche mit meiner beklopften, schwachen, verschwindsüchtigen Wachheit etwas anzufangen. 11:15 zeigt das Handy. Der hölzerne Rabe beim Fenster schaukelt so schön und leicht in seinem Aufwind, die Möwe neben mir wie von meinem Kopf gestoßen. Die Katze kommt und beansprucht Köpfchen reibend den Platz des Notizbuches auf meinem Schoß. Ich muß deswegen lange pausieren und lasse die Gedanken vorbeifließen. Aber nun sehe ich: in Mali Lošinj liegt der Corpus des Gekreuzigten mit ausgestreckten Armen arm und solo auf der Hafenstraße und versinkt langsam im Asphalt, oder woraus diese Straße auch immer ist. Sein linker Arm ist schon versunken und macht nur mehr eine unscheinbare Bodenwelle. Irgendwo soll man sagen – habe ich vor kurzem gelesen – dass man erst tot ist, wenn alle Wellen, die man im Laufe seines Lebens geschlagen hat, verebbt sind und ausgeschwungen haben. Also nie.

Die Katze jetzt auf Schoß und Brust, ihr pelziges Hinterteil fast an meinem Kinn, Notizbuch und Pilotstift beiseite gelegt, meine Schreibhand unter ihrem Bauch döse ich und schlafe fast wieder ein. Ich versuche in taumelnder Konzentration die Empfindungen in meinem leicht entzündeten Hals zu formulieren und komme auf keinen grünen Zweig. Von Nacken aus, der nicht ganz bequem am Polster aufliegt und deshalb schon etwas verkrampft schmerzt, greift eine Kraft von hinten über den Kopf nach vorne auf meine Augen und arbeitet an deren Zufall. Frühstücken möchte ich, aber nicht aufstehen. Wer wird gewinnen? Ich oder ich? Ne! Keine Verstroyung jetzt!

14:12: wer träumt jetzt wen? Und vorm Aufstehen baue ich noch das Wort „Morgencurcumalatte“ zusammen.

 

(14.3.2022)

©Peter Alois Rumpf  März 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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