Dienstag, 8. Februar 2022

2584 Ganz leicht

 

12:20. Ich habe mich im Bett aufgesetzt und lasse so die Traumbilder und Traumgefühle an mir abrinnen; versuche, die Döserei mit Ihren Gedankenfluten los zu werden (meine schlafende Katze hört sofort, wie ich mich im Bett aufrichte und kommt von ihrem Schlafplatz auf meinem Schreibtisch her und will gestreichelt werden). Im Dösen vorher, zwischen Traum und Wirklichkeit, habe ich zum millionsten Mal die Affenarsch-Beratung in München im Geiste korrigiert, habe dem Döbereiner anders geantwortet, habe genauer nachgefragt, habe klar und deutlich ausgesprochen, was mir aufgefallen ist und was mir unzutreffend erscheint, habe seinen Ekel vor mir und meiner Erscheinung tapfer und rücksichtslos angesprochen, habe  deswegen seine falschen, verlogenen Vergleiche mit sich selbst zurückgewiesen und nicht zugelassen, dass er mich so einfach und arrogant abschasselt. Vermutlich kann ich so meinen wirklichen Lebenslauf nicht korrigieren (es fehlt die energetische Wiederherstellung), aber mir ist es zu wichtig, diesen verfluchten Vorgang zu begreifen, als dass ich dieses Sinnieren und Korrigieren bleiben lassen könnte. (Meine Katze schnurrt obwohl ich sie nur so nebenbei und ohne echte Zuwendung streichle, und das nur von Zeit zu Zeit; meine Aufmerksamkeit ist woanders gefangen.) Der Münchner Affenarsch ist mehr der Hundetyp: herumbrüllen und das für authentisch halten. Es wird schon viel Blödsinn auf Hunde und Tiere überhaupt projiziert. Und während ich die Katze streichle geht mein döbranitischer Kampf weiter: ich erkläre dem ungebildeten „Genie, wie es nur alle zweitausend Jahre gibt“ (Eigendefinition Döbereiner; ob ich sie für richtig oder falsch halte, lasse ich offen; denn das gibt es schon, dass zB Aristoteles für unser Denken und wie wir die Welt sehen auch heute noch eine Rolle spielt), dass er seine bajuwarischen Selbstverständlichkeiten trotz der sprachlichen, regional mehr oder weniger Verwandtschaft nicht eins zu eins auf Österreich übertragen darf, weil wir hier eine völlig andere Geschichte als Bayern haben (und er überschätzt hier sogar als selbsternannter Katholik wie die Lutheraner die Sprache als angeblich entscheidende Schichte unter der für ihn gar nicht so typischen Ignorierung der tieferen und untergründigeren Strömungen. Ich erkläre das dem Ignoranten an Hand der Grenzen der slawischen Besiedlung in Österreich, von der er keine Ahnung hat. So kann ich zumindest im Geiste seiner geistig-seelischen Vergewaltigung widerstehen und meiner selbst wieder Herr werden. Aber an meinem gescheiterten Leben - vornehmlich auf meine Berufung bezogen – ändert das nichts mehr. Es wird das nicht mehr sein, als dass ich an meinem zertrümmerten Selbstbild sinnlos herumbastle. Aber hoffentlich wenigstens das (freilich bedeutet es die wahre Freiheit, wenn man auf ein Selbstbild verzichten kann, aber nur dann, wenn vorher der eigene wahre Kern erweckt ist: Ist das nicht der Fall, zerbricht man und kann daran sterben, wie es mir ja beinah passiert ist).

So! Jetzt habe ich mich wieder gründlich verrannt, wie mir das mehrmals täglich passiert. Dafür geht fast meine gesamte verbliebene Lebensenergie drauf, so viel, dass ich kaum noch Kraft fürs Aufstehen habe – wozu auch? In der Welt draußen habe ich ausgespielt! - und so muß ich stundenlang um dieses sinnlose Aufstehen kämpfen.

Und dennoch meinen es die Götter gut mit mir: sie scheinen mich sogar zu trösten: gerade habe ich die Gedichte Peter Rühmkorfs für mich entdeckt: zufällig hatte ich vor ein paar Wochen irgendwo das Büchlein aufgeklaubt: und nach langem Herumliegen auf meinem ungelesenen Bücherstapel neben dem Bett genau jetzt darauf zugegriffen: der Name war mir als alter WG-konkret-Leser (danke Rudi Willgruber!) natürlich längst geläufig: aber gelesen hatte ich ihn nie: und jetzt: wie für mich geschrieben: die ersten zwei Gedichte: wie mir aus der wunden, verletzten, einsamen Seele gesprochen! Jetzt kann ich aufstehen! Ganz leicht!

 

(8.2.2022)

©Peter Alois Rumpf  Februar 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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