Dienstag, 1. Februar 2022

2578 König der Reußen

 

Am Grunde meines Unter-Wasser-Reichs hocke ich und amüsiere mich verschlafen an lustigen Erinnerungen; die schrecklichen Albträume jedoch erinnern mich vehement an die anderen: sintflutartige Regenfälle auf mein fremdes Elternhaus, die Schuldgefühle hervorrufen; Familientreffen bei den Großeltern wahrscheinlich, wo ich mich mit meinen Schwestern versöhnen soll, aber ich rede nicht und schaue ins Leere. In der Leibesmitte ein Ziehen, als hätte man mir dort etwas herausgerissen. Trauer darüber, wieviel Liebe ich meinen Kindern vorenthalten habe; würgendes Entsetzen über meine innere Kälte. Dauernd die Frage: „stimmt das wirklich?“

Die Katze am Schreibtisch schnarcht; hört sich dabei an wie das Alarmsignal einer kaputtgehenden Maschine. Ich versuche, die Wassersperre am Anfang des Kanals in Betrieb zu setzen, auf dass kein Wasser mehr zufließe. Um uns vorm Ertrinken zu retten. Die pattsituationistische Starre als innere Stille zu verkaufen versucht. Wer spielt da eigentlich mit mir und gegen mich? Der Tod? Bei meinen mangelnden Schachkenntnissen und meiner Unfähigkeit, unter Stress strategisch vorauszudenken, wird er leichtes Spiel haben. Ich habe in meinem ganzen Leben keine einzige Schachpartie gewonnen. Der König der Preußen ist nicht mein König. Und der König der Reußen? Ich höre, wie alles einzuschlafen versucht. Die leeren Ausstellungshallen vor der Öffnungszeit. Die Dinge im Beutel der fragwürdigen Besucherin sind nicht mitgerechnet. Eine großartige Schlagzeugpassage von Jerome Cooper auf „The Psyche“ vom Revolutionary Ensemble fällt mir ein und höre ich mit meinem inneren Ohr. Die abgeriegelten Flüsse werden nicht stinken; dafür garantiere ich. Ich erteile Anordnungen über die Gewohnheiten und bestehende Anordnungen hinweg. Eine sexy Gottesgebärerin tritt auf. Ich war's nicht! Weder bin ich der Vater, noch der Sohn! Bei der zentralen Nebenrolle mache ich irgendwie mit – im Anzug und Krawatte begrüße ich die Sterbenden. Mir tun die zwei Radfahrer, die nicht mehr in den Waggon gekommen sind, leid. Jetzt treten sie auf ihren hochgebockten Fahrrädern im Inneren des Güterwagens. Mein Zimmer ist nur mehr eine Kulisse.

 

(1.2.2022)

©Peter Alois Rumpf  Februar 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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