2578 König der Reußen
Am Grunde meines Unter-Wasser-Reichs hocke ich und amüsiere
mich verschlafen an lustigen Erinnerungen; die schrecklichen Albträume jedoch
erinnern mich vehement an die anderen: sintflutartige Regenfälle auf mein
fremdes Elternhaus, die Schuldgefühle hervorrufen; Familientreffen bei den
Großeltern wahrscheinlich, wo ich mich mit meinen Schwestern versöhnen soll,
aber ich rede nicht und schaue ins Leere. In der Leibesmitte ein Ziehen, als
hätte man mir dort etwas herausgerissen. Trauer darüber, wieviel Liebe ich
meinen Kindern vorenthalten habe; würgendes Entsetzen über meine innere Kälte.
Dauernd die Frage: „stimmt das wirklich?“
Die Katze am Schreibtisch schnarcht; hört sich dabei an wie
das Alarmsignal einer kaputtgehenden Maschine. Ich versuche, die Wassersperre
am Anfang des Kanals in Betrieb zu setzen, auf dass kein Wasser mehr zufließe.
Um uns vorm Ertrinken zu retten. Die pattsituationistische Starre als innere
Stille zu verkaufen versucht. Wer spielt da eigentlich mit mir und gegen mich?
Der Tod? Bei meinen mangelnden Schachkenntnissen und meiner Unfähigkeit, unter
Stress strategisch vorauszudenken, wird er leichtes Spiel haben. Ich habe in
meinem ganzen Leben keine einzige Schachpartie gewonnen. Der König der Preußen
ist nicht mein König. Und der König der Reußen? Ich höre, wie alles
einzuschlafen versucht. Die leeren Ausstellungshallen vor der Öffnungszeit. Die
Dinge im Beutel der fragwürdigen Besucherin sind nicht mitgerechnet. Eine
großartige Schlagzeugpassage von Jerome Cooper auf „The Psyche“ vom
Revolutionary Ensemble fällt mir ein und höre ich mit meinem inneren Ohr. Die
abgeriegelten Flüsse werden nicht stinken; dafür garantiere ich. Ich erteile
Anordnungen über die Gewohnheiten und bestehende Anordnungen hinweg. Eine sexy
Gottesgebärerin tritt auf. Ich war's nicht! Weder bin ich der Vater, noch der
Sohn! Bei der zentralen Nebenrolle mache ich irgendwie mit – im Anzug und
Krawatte begrüße ich die Sterbenden. Mir tun die zwei Radfahrer, die nicht mehr
in den Waggon gekommen sind, leid. Jetzt treten sie auf ihren hochgebockten
Fahrrädern im Inneren des Güterwagens. Mein Zimmer ist nur mehr eine Kulisse.
(1.2.2022)
©Peter Alois Rumpf Februar 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite