2581 Kaltes Wasser
Nur langsam fließen das Zittern und Zagen, das Zucken und
Vibrieren von mir ab, nachdem ich mich aufgesetzt habe. Heute knie ich als
Riese am linken Ennsufer zwischen Stainach und Weißenbach bei Liezen mit Knie
und Gesicht flußaufwärts Richtung Grimming. Diese Vision ist schon längst
wieder vorbei, nur für eine Sekunde ist sie aufgeleuchtet und erschienen. Es
zieht mich wieder in den konturauflösenden Schlaf hinein. Die Augen fallen mir
zu und da fällt mir erst auf, dass ich bei offenen Augen zwar gesehen, aber
nichts wahrgenommen hatte. Die Tagis unten schauen schon die Wimmelbücher an,
also werden sie bald schlafen gehen; also wird es so gegen 13 Uhr sein. Falsch!
Es ist 12:08. Meine Ratio ist noch nicht ganz wach, sonst hätte ich es gewußt.
Der Körper wird immer realer, seine Grenzen immer fester. Mein rationalerer
Geist tritt nun deutlicher aus dem Chaos hervor, droht sich jedoch wieder in
einer eleganten Kurve zurück ins Chaos zu drehen, wie ich in meinen Augen
spüre. Er taucht aber nur leicht ein und dreht sich dann wieder Richtung
heraus. Von der Seite versuchen verschiedene Zuckungen den
tageslichtkompatiblen Kern erneut aufzulösen, und wieder spüre ich in den Augen
den Kampf. Ohne kaltes Wasser ins Gesicht wird sich an diesem Hin und Her
nichts ändern. Wieder kommt eine Auflösungswelle, diesmal über die Hände herein
und arbeitet sich bis zum Augenzufallen durch. Irgendwann wird es „blobb!“
machen und das Unscharfe wird von mir abgefallen sein und ich werde als
einigermaßen normaler Mensch aus dem Bett steigen und mir gründlich das Gesicht
mit kaltem Wasser waschen. Aber jetzt schnarcht die Katze am Schreibtisch
brummend und dieser monotone Ton verführt mich wieder Richtung Traumland.
Später werden die Katze und ich die Plätze tauschen. Noch steht es
unentschieden. Links schüttelt eine bunte, multikonturelle, menschenähnliche
Gestalt ihren Kopf über mich; was genau sie meint, weiß ich nicht. Bei
geschlossenen Augen rückt eine schwere schwarze, in der Schwärze kaum sichtbare
Wand ganz nah an mein Gesicht heran. Unten ist es ganz still. Die Tageskinder
schlafen schon. Weil ich deswegen in der Küche unten die laute Kaffeemaschine
nicht anwerfen kann, beschließe ich, einfach liegen zu bleiben. Ich habe
Zeit (glaube ich). Ich könnte im Bett den Cesare Pavese weiterlesen. Oder doch
aufstehen und ungewaschen das Laptop aufdrehen und auf Facebook der Klaudia
Blasl auf ihr „Der Mann ohne Eigenschaften“ mit „Im Westen nichts Neues“
antworten.
(4.2.2022)
©Peter Alois Rumpf Februar 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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