2430 Zu fromm
Die ungewöhnlichste Schreibezeit seit langem: 14:14. Weder
nach dem Aufwachen traumhapert, noch vorm dem Einschlafen in
Müdigkeitsauflösung. Ich bin auch nicht draußen, sondern in meinem Zimmer. Ich
lasse meinen Blick wie immer über die immer reicher werdenden Bilderwände
gleiten, in normalem, hier immer gedämpftem Nachmittagslicht. Das
Heiligenbildchen – oder seine Parodie – berührt mich. Wahrscheinlich bin ich jetzt
zu fromm. Im Angesicht des Todes - ich meine das nicht lebensaktuell, sondern
metaphysisch-existentialistisch – ist das auch egal. „Marsch I“ von Ruben Fraga
fällt mir ein. Ruben Fraga war der Workshopleiter und Regisseur; die einzelnen
Teilnehmer habe ihre Beiträge über die Haltung angesichts des Todes selbst
erarbeitet. Gesehen habe ich das Stück am Karlsplatz bei einem
Straßentheaterfestival.
14: Uranus-Saturn; „die Weihe des Hauses“ oder der Versuch,
die Unvereinbarkeit frömmelnd zu überbrücken und die auseinanderbrechende Form
zu „sanktionieren“, also zu heiligen. Passt vielleicht zu meinem Heiligenbild.
Wenn das alles überhaupt stimmt – ich muß mit den Sätzen und Definitionen des
Münchner Affenarsches vorsichtig umgehen. So vorsichtig wie mit hochexplosiven
Material. Ich will nicht nochmals in die Luft gejagt werden und dann
jahrzehntelang meine Trümmer zusammenklauben müssen. Dafür würden mir doch Kraft
und die Lebenszeit fehlen. Material wohlgemerkt, Herr D.! Und ob es
„falsch“ in einem metaphysisch-ontologischen Sinn gibt, darf bestritten werden.
Schon klar – ich komme in Schwierigkeiten, wenn ich behaupte, der Satz „es gibt
Falsches“ sei falsch. Den Trick aus der Logistik der siebziger Jahre mit Ebene
und Metaebene will ich jetzt nicht auspacken und fände ihn nicht so schnell in
meinem Gehirnarchiv oder auf meiner inneren Müllhalde.
Trotzdem: die Kopie dieses „religiösen“ Bildes, das ich
gemalt habe, zieht meinen Blick an. Wobei „religiös“ einfach als Kategorie
gemeint ist, nicht, dass das Bildchen die Rückbindung an den Ursprung schafft.
Es ist kein Sportbild – nicht mehr ist gemeint. Fast bereue ich es, das kleine
Bild vor Jahren jemandem wahrscheinlich Unwürdigen verschenkt zu haben.
(14.9.2021)
©Peter
Alois Rumpf September 2021 peteraloisrumpf@gmail.com
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