Mittwoch, 15. September 2021

2430 Zu fromm

 

Die ungewöhnlichste Schreibezeit seit langem: 14:14. Weder nach dem Aufwachen traumhapert, noch vorm dem Einschlafen in Müdigkeitsauflösung. Ich bin auch nicht draußen, sondern in meinem Zimmer. Ich lasse meinen Blick wie immer über die immer reicher werdenden Bilderwände gleiten, in normalem, hier immer gedämpftem Nachmittagslicht. Das Heiligenbildchen – oder seine Parodie – berührt mich. Wahrscheinlich bin ich jetzt zu fromm. Im Angesicht des Todes - ich meine das nicht lebensaktuell, sondern metaphysisch-existentialistisch – ist das auch egal. „Marsch I“ von Ruben Fraga fällt mir ein. Ruben Fraga war der Workshopleiter und Regisseur; die einzelnen Teilnehmer habe ihre Beiträge über die Haltung angesichts des Todes selbst erarbeitet. Gesehen habe ich das Stück am Karlsplatz bei einem Straßentheaterfestival.

14: Uranus-Saturn; „die Weihe des Hauses“ oder der Versuch, die Unvereinbarkeit frömmelnd zu überbrücken und die auseinanderbrechende Form zu „sanktionieren“, also zu heiligen. Passt vielleicht zu meinem Heiligenbild. Wenn das alles überhaupt stimmt – ich muß mit den Sätzen und Definitionen des Münchner Affenarsches vorsichtig umgehen. So vorsichtig wie mit hochexplosiven Material. Ich will nicht nochmals in die Luft gejagt werden und dann jahrzehntelang meine Trümmer zusammenklauben müssen. Dafür würden mir doch Kraft und die Lebenszeit fehlen. Material wohlgemerkt, Herr D.! Und ob es „falsch“ in einem metaphysisch-ontologischen Sinn gibt, darf bestritten werden. Schon klar – ich komme in Schwierigkeiten, wenn ich behaupte, der Satz „es gibt Falsches“ sei falsch. Den Trick aus der Logistik der siebziger Jahre mit Ebene und Metaebene will ich jetzt nicht auspacken und fände ihn nicht so schnell in meinem Gehirnarchiv oder auf meiner inneren Müllhalde.

Trotzdem: die Kopie dieses „religiösen“ Bildes, das ich gemalt habe, zieht meinen Blick an. Wobei „religiös“ einfach als Kategorie gemeint ist, nicht, dass das Bildchen die Rückbindung an den Ursprung schafft. Es ist kein Sportbild – nicht mehr ist gemeint. Fast bereue ich es, das kleine Bild vor Jahren jemandem wahrscheinlich Unwürdigen verschenkt zu haben.

 

(14.9.2021)

 

 ©Peter Alois Rumpf   September 2021   peteraloisrumpf@gmail.com

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