2320 Gut ich geh
Im Austria-Center sitze ich im „Kino“saal ganz hinten. Auf
dem Stuhl links mein Notizbuch, am Stuhl rechts einen Pappbecher mit Wasser.
Der Bildschirm vorne ist ur weit weg und photographieren ist verboten. Ich
warte nicht auf, sondern nach der Impfung. Gut organisiert; das Feeling ein
bißchen wie im Limbus. Eine große starre Struktur mit kleinen, festgehaltenen
Lebewesen, wie angeklebte Käfer, die ihre Arme und Beine bewegen. Ich trinke
den Becher leer. Die Flüssigkeit tut in Mund und Hals gut. Ab und zu geht ein
Vorhang auf und ein neuer Kandidat kommt herein, schaut auf die Uhr (Handgelenk
oder Bildschirm). Auch ich rechne jetzt nach, wie lange ich sitzen soll. Ab und
zu verläßt jemand den Saal. Erhebet den Hintern. Jetzt verläßt ein ganzer Arsch
voll den Saal; außer einer Familie alle unabhängig von einander. Wie auf
heimlichen Befehl. Es ist deutlich leerer geworden hier im Limbus. Ganz
durchmischt die Anwesenden: Tätowierte, Alte, Junge, Mittlere, Männer, Frauen,
verschleiert und halb nackt. Die Zeitanzeige am Bildschirm hüpft hin und her;
dann kommt wieder der durchgestrichene Photoapparat. Dann die drei
Wasserbecher. Jetzt wird es fast andächtig still im Wartebereich. Von ganz
hinten sehe unter den Stühlen die verschiedensten Fußstellungen. Rote
Scheinwerfer gibt es auch. Ich könnte schon gehen. Die empfohlene Wartezeit ist
abgelaufen. Aber ich bleibe noch ein wenig. Lieber in der Vorhölle als draußen
im Dschungel? Mensch! Übertreib nicht so! Gut ich geh.
(7.7.2021)
©Peter Alois Rumpf Juli 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
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