Mittwoch, 2. Dezember 2020

2090 Kleiner Beitrag zur eventuellen Rettung der Erbsündenlehre

Wir gehen auf Mariae Empfängnis zu und ich amüsiere mich immer über das anscheinend noch weit verbreitete Mißverständnis, die Katholiken feiern – wenn sie überhaupt noch feiern und nicht shoppen gehen -  an diesem Tag, dass Maria den Jesus empfangen hat, während jedoch gefeiert wird, dass Joachim und Anna gevögelt und dabei die Maria gezeugt haben. Das Besondere daran laut katholischer Lehre: sie haben sie – im Gegensatz zur gesamten Menschheit seit der Vertreibung aus dem Paradies - ohne Erbsünde gezeugt. Dass das ein Fest ist, das an einen „gelungenen“ Geschlechtsverkehr erinnern soll, geht dem katholisch-moralischen, dem puritanisch-panischen und dem neoliberalen-kapitalistischen Geist – der die gebrochene Sexualität zur Kompensation in den Konsum braucht - gegen den Strich, deshalb müssen es die einen liturgisch und dogmenproduktiv etc überhöhen, die anderen abschaffen.

Aber was hat es mit der Erbsündenlehre auf sich? Eine katholische Rettung dieser moralisch entarteten Lehre möchte ich nicht und würde mir auch nicht gelingen (außerdem bin ich viel zu faul und resignationsversunken, unbezahlt jetzt alle Dokumente dazu durchzuarbeiten), aber ich möchte ein paar Gedanken aufführen, welche Erkenntnisse über die menschliche Konstitution dahinter stehen könnten, die es möglicherweise wert sind, betrachtet zu werden.

Zum Beispiel die Tatsache, dass ein jedes Kind mit der Belastung auf die Welt kommt, unter patriarchalischen und nicht freien Bedingungen gezeugt worden zu sein, was wohl Auswirkungen auf Quantität und Qualität seiner von den Eltern weitergegebenen Lebensenergie hat. Es gehören alle Tatsachen der partiarchalischen Geschlechterverhältnisse – Vergewaltigungen, Zwangsehen, männliche Dominanz und das damit den Frauen verweigerte Selbstbestimmungsrecht auch in der Partnerwahl etc über das Erbe der Vorfahren zur energetischen und genetischen Ausstattung des Kindes. Die gesamte Vorfahrengeschichte gehört zu den Bedingungen der Existenz aller Nachkommen. Unter anderen Bedingungen würden wir Heutigen gar nicht leben. Aber das ist nicht der Kern der katholischen Erbsündenlehre.

Auch „meine“ Schamanen erzählen, dass die Menschheit lange Zeit („Adam“ ist der Gattungsbegriff „Mensch“ und kein Name) - wie sie es nennen – am „Platz des Stillen Wissen“ gelebt hat, wo ihr alles gelungen ist, weil sie direkt – ohne Vermittlung über Theorien, Rituale etc – wie sie es sagen: mit dem Stillen Wissen, dem „Abstrakten“ verbunden waren. In der Bibel: die Menschen konnten mit Gott sprechen. Die biblischen Geschichten könnten doch Erinnerungen der Menschheit an diese Phase zu artikulieren versuchen, wenn auch durch den Verlust dieses Wissens und Überarbeitungen der Texte im Sinne religiöser Theorien und Institutionen verdorben. Dann habe sich die Menschheit – so erzählen „meine“ Schamanen – sich entschieden, den „Platz des Interesses“ aufzusuchen (wobei diese „Plätze“ eigentlich Positionen des Montagepunktes, an dem die Wahrnehmung der Welt montiert wird, sind. Aber das näher zu erklären führt mir hier zu weit). Dieser Platz der Interesses ist nicht mehr gekennzeichnet durch die Verbundenheit mit Allem im Universum, sondern von Dualität: ich – du, angenehm – unangenehm, Freund – Feind etc (biblisch: gut – böse; der Baum, von dem Adam und Eva gegessen haben, war nicht einfach der Baum der Erkenntnis, sondern der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse! Vorher gabs keine Dualität.) Und seitdem – könnte man jetzt sagen – gehört es zur Bedingung der Existenz der Menschheit und jedes einzelnen Menschenwesen, das auf die Welt kommt, dass die Vorfahren den Platz des Stillen Wissens verlassen und sich für die Welt der Dualität entschieden haben.

„Meine“ Schamanen erzählen, dass jeder Mensch diesen Verlust des Stillen Wissens spürt und unbewußt ahnt, dass in ihm noch unglaubliche Möglichkeiten angelegt sind, er aber den Zugang dazu nicht findet. Sie sagen auch, dass alle destruktiven Handlungen auf die Wut über diesen Verlust und das Scheitern der Wiederanknüpfung zurückgehen, was immer als vordergründige und offizielle Gründe behauptet wird. Und sie erzählen auch, dass Sexualität unter diesen Bedingungen besonders gerne als Kompensation für den Verlust (biblisch: des Paradieses) herhalten muß.

Und? Könnten ein Mann und eine Frau individuell die Verbindung zum Stillen Wissen wieder hergestellt haben und im Stillen Wissen ein Kind zeugen, dem sie dann nicht den Verlust des Stillen Wissens als Erbe weitergegeben?

Man kann ja sagen, dass alle ernsthaften schamanischen Bemühungen dazu dienen, die Verbindung zum Stillen Wissen, die auch jetzt und heute nie zur Gänze abgerissen ist, wieder funktionstüchtig zu machen und ins Leben zu integrieren (biblisch: zum Paradies zurückzufinden; oder: zu Gott; wobei ich anmerken will, dass „meine“ Schamanen die Gottesvorstellung(en) für sehr destruktiv halten – wenn ich sie richtig verstanden habe). Nachdem ich nur ein Theoretiker und Grübler und Sinnierer, aber kein schamanischer Praktiker bin, also kein Seher, kann ich das nicht wissen und beurteilen. Ich kann bloß bekennen, dass ich es für möglich halte.

 

 

(2.12.2020)

©Peter Alois Rumpf   Dezember 2020   peteraloisrumpf@gmail.com

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